Meinung Problem Ärztemangel in Ostfriesland – gefährliches Stadt-Land-Gefälle
In Niedersachsen gehen jährlich 1000 Ärzte in Rente, aber nur 500 bis 600 kommen nach. In Aurich gab es daher einen Appell der Ärztekammer – zurecht, denn das Land geht oft leer aus. Ein Kommentar.
Es ist eine simple Rechnung: 1000 Ärzte gehen pro Jahr in Niedersachsen in den Ruhestand, aber nur 500 bis 600 kommen von den Universitäten nach. Die Differenz hat vor allem für die Landbevölkerung, darunter die Ostfriesen, erhebliche Folgen: ein schmerzhafter Mangel an Hausärzten, Fachärzten und in Krankenhäusern. Die Folge sind lange Wartezeiten. Die können gesundheitsgefährdend sein.
Es wird an der falschen Stelle gespart
Deutliche Kritik an diesem Zustand übte in dieser Woche die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, Dr. Martina Wenker, bei einem Besuch der Bezirksstelle Aurich. Sie forderte mehr Studienplätze, weniger Bürokratie und neue Versorgungsformen, etwa Telemedizin. Der Auricher Ärztekammer-Chef Dr. Jörg Weißmann aus Emden stieß ins gleiche Horn. Der Ausbau der Studienplätze in Oldenburg stocke, es werde an der falschen Stelle gespart. Gut, dass das so deutlich geäußert wird. Denn es muss ein Ruck durch die Politik gehen. Diese ist für den Missstand verantwortlich.
Junge Mediziner zieht es in die Stadt
Während Wenker und Weißmann in Aurich den Ärztemangel beklagten, gab es von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf Norderney ungewohnt drastische Töne. Ihn belaste, dass sich die Lebenserwartung in Deutschland in den vergangenen Jahren schlechter entwickelt habe als in anderen Ländern Europas. „Der Unterschied liegt bei uns zwischen Arm und Reich“, sagte der Minister. Und: „Das ist ein beschissener Befund aus sozialdemokratischer Sicht.“ Das stimmt. Was Lauterbach aber nicht sagt: Es gibt auch ein Stadt-Land-Gefälle. Zu Ungunsten von Regionen wie Ostfriesland. Junge Mediziner zieht es in die Zentren, das platte Land geht zu oft leer aus.
Bewerber stehen in Oldenburg Schlange
Wichtig ist es jetzt, dem Appell der Ärztekammer-Vertreter zu folgen. Der Uni-Standort Oldenburg muss rascher ausgebaut werden. Dort stehen Bewerber Schlange. Örtliche Nähe der Ausbildung erhöht die Chance, dass Absolventen in der Region, auch im Landkreis Aurich, bleiben.
Die Zentralklinik in Uthwerdum könnte in dieser Hinsicht für einen positiven Effekt sorgen. Wenn es gelingt, dort gute Ärzte anzulocken, strahlt das womöglich auch auf das Umland aus. Ziel muss es sein, für Ärzte eine attraktive Arbeitsumgebung zu bieten. Dann lernen sie womöglich auch die Vorzüge des ländlichen Raums, Ostfrieslands, kennen.