Demos gegen Bundesregierung Bauernprotest in Ostfriesland auf schmalem Grat

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Ein Kommentar von Stephan Schmidt
| 06.01.2024 10:03 Uhr | 6 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Bereits am 30. Dezember legten Landwirte mit Treckern den Verkehr am Auricher Pferdemarkt lahm. Foto: Helmut Vortanz
Bereits am 30. Dezember legten Landwirte mit Treckern den Verkehr am Auricher Pferdemarkt lahm. Foto: Helmut Vortanz
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Am Montag wollen Bauern den Verkehr in Aurich lahmlegen. Betroffen sind Menschen, die selbst unter hohen Kosten leiden. Die Solidarität könnte schnell kippen. Ein Kommentar.

Mit viel Solidarität können die Bauern bei ihren Protesten am kommenden Montag in Ostfriesland rechnen. Schon am vergangenen Sonnabend waren Pflegedienste mit den Landwirten auf der Straße in Aurich. Gastronomen wollen nun den Bauern hinterherfahren. Und auch Spediteure beteiligen sich. Das zeigt schon: Es geht um viel mehr als um die geplante Kürzung bei Kfz-Steuerbegünstigungen und Agrardiesel. Es brodelt in vielen Branchen. Die Unzufriedenheit mit der Ampel-Politik ist weit verbreitet.

Auch Klima-Kleber spürten den Zorn

Fraglich ist aber, wie solidarisch andere reagieren, wenn am Montagmorgen unter anderem Ostfrieslands meistbefahrene Kreuzung am Pferdemarkt in Aurich dicht ist – mit massiven Folgen für den umliegenden Verkehr. Tausende von Menschen werden entweder ganz daran gehindert, zur Arbeit oder zur Schule zu gelangen. Oder sie müssen erhebliche Verspätungen einplanen. Das wird kein Vergnügen.

Wie gereizt und aggressiv viele Menschen auf mutwillig versperrte Straßen reagieren, haben schon die „Klima-Kleber“ zu spüren bekommen. Ob die Straße nun von Umweltaktivisten oder Treckern blockiert wird – für Berufspendler und viele andere läuft es aufs Gleiche hinaus.

Aktion richtet sich gegen Menschen, die selbst betroffen sind

Jeder Betroffene wird selbst entscheiden, wie angemessen ein provozierter, stundenlanger Superstau zu den Hauptverkehrszeiten ist. Sicher ist: Die Gefahr, dass die Bauern die Bevölkerung gegen sich aufbringen, ist groß. Die Stimmung kann schnell gegen sie kippen. Denn betroffen von den Aktionen sind Menschen, die unter anderem die hohen Subventionen für die Landwirtschaft mitbezahlen müssen. Menschen, die ebenfalls von Haushaltkürzungen und steigenden Kosten betroffen sind, die aber keinen Traktor und keine Lobby haben, um ihre Interessen durchzusetzen.

Bauern loten aus, wie weit sie gehen können

Niemand spricht den Bauern das Recht ab, für ihre Sache zu streiten. Auch einige wenige Radikale oder Extremisten, die möglicherweise die Aktionen für ihre Zwecke missbrauchen, ändern daran nichts. Die Frage bleibt aber: Wie sehr darf man in den Alltag anderer Menschen, ins öffentliche Leben und die Wirtschaft eingreifen, um eigene Interessen durchzusetzen? Es ist ein schmaler Grat. Die Bauern loten ab Montag aus, wie weit sie gehen können.

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