Projekt im Platt-Unterricht Die Kunst der Tee-Nösen

| | 12.05.2023 08:43 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Artikel hören:
Die Klasse 4b aus Wallinghausen zeigt die frisch gestempelten Teebeutel zum Muttertag. Foto: Karin Böhmer
Die Klasse 4b aus Wallinghausen zeigt die frisch gestempelten Teebeutel zum Muttertag. Foto: Karin Böhmer
Artikel teilen:

Die Klasse 4b aus Wallinghausen lernt Plattdeutsch und befasst sich mit ostfriesischem Brauchtum. Aus den Kenntnissen ist eine Idee entstanden: Kunst auf Teebeuteln. Wie gut kennen Sie sich aus? Machen Sie bei unserem Quiz mit.

Wallinghausen - Für Tee und Teebeutelkunst sind die Kinder in der Klasse 4b der Grundschule Wallinghausen inzwischen Experten. Denn seit zwei Jahren verwandeln sie benutzte Teebeutel, die eigentlich im Müll landen würden, in Bilder. Als wäre das nicht schon außergewöhnlich genug, gibt es noch eine Besonderheit: Die Kinder stempeln plattdeutsche Sprüche auf – natürlich zum Thema Tee.

Dass Teetrinken in Ostfriesland weit verbreitet ist, weiß jedes Kind. Die Ostfriesen sind sogar Weltmeister beim Teeverbrauch. Es gibt eine eigene Teezeremonie. Und damit hat sich die Wallinghausener Klasse zusammen mit ihrer Klassenlehrerin Margret Aden intensiv beschäftigt. Margret Aden ist nämlich eine Sache aufgefallen: Die Teebeutel haben oft ein schönes Muster, wenn man sie aus der Tasse gefischt hat. Deshalb hat sie Teebeutel gesammelt, getrocknet und dann mit den Schülern auseinandergenommen. Das ist ganz schön viel Arbeit, weil man die Teebeutel am Verschluss ganz vorsichtig aufmachen muss. Am besten mit einer Pinzette.

Sogar das Bügeleisen kommt zum Einsatz

Dann wird – ebenfalls vorsichtig – der krümelige Tee abgestreift, der Teebeutel entfaltet und aufgeschnitten. Und dann kann man noch einen ganz schmalen Rand abreißen, damit die Kante gerade ist. Das ist echte Fummelarbeit, weil die Teebeutel ganz dünn sind. Anschließend werden die Beutel, die ausgebreitet erstaunlich groß sind, noch gebügelt. Plätten heißt das auf Plattdeutsch.

Und so sehen einige der Ergebnisse aus. Foto: Karin Böhmer
Und so sehen einige der Ergebnisse aus. Foto: Karin Böhmer

Und dann kann gestempelt werden. Die Klasse hat inzwischen einen großen Vorrat an Stempeln. Blumen und Sterne sind dabei. Aber auch ganz besondere Sprüche. Die Stempel hat die Klassenlehrerin extra anfertigen lassen. Auf weißem Papier machen die Schüler einen Entwurf für schoöne Bilder. Und dann wird es ernst: Vorsichtig, aber auch mit dem richtigen Druck, stempeln sie ihr Motiv auf den dünnen Teebeutel.

Dass die Klasse 4b sich so für das Teetrinken interessiert, hat damit zu tun, dass ihre Klassenlehrerin im Unterricht Plattdeutsch mit ihnen spricht. Sogar Mathe lernen die Schüler auf Plattdeutsch. Ein paar Videos, in denen Margret Aden Rechenaufgaben erklärt, kann man sich auf der Internetseite der Schule angucken.

Redewendungen auf Stempeln

Ostfriesen sind aber nicht nur gute Rechner und Plattprooter, sondern auch Tee-Nösen. Zum Teetrinken gibt es einige plattdeutsch Redewendungen. „Dree sünd Oostfresenrecht“: Das bedeutet, dass jedem Gast drei Tassen Tee zustehen. Und damit der Tee nicht so bitter schmeckt, tun die Kinder Kluntje, also ein dickes Stück Zucker, rein. Auch dafür gibt es eine Redewendung: „Wenn de Kluntje dat nicht dee, denn much ik ok kien Tee.“

Vorsichtig werden die Teebeutel bestempelt. Foto: Karin Böhmer
Vorsichtig werden die Teebeutel bestempelt. Foto: Karin Böhmer

Vor zwei Jahren hat die Klasse im Plattdüütskmaant September ganz viele Stempelbilder auf Teebeuteln gemacht. Damit die Kunstwerke haltbarer werden, haben die Kinder die Teebeutel auf dickes Papier geklebt und Karten darauf gefaltet. Die haben sie dann auf dem Supermarkt-Parkplatz in Wallingshausen verschenkt. Und das kam bei den Leuten so gut an, dass die Klasse insgesamt 80 Euro für die Klassenkasse gespendet bekommen haben.

Von dem Geld wurde ein Ausflug gemacht

Was sie damit gemacht haben, wissen die Kinder noch genau: Sie waren im Ostfriesischen Teemuseum in Norden, haben sich die Tassen und Kannen und Teekisten angeschaut und eine Teezeremonie mitgemacht. Denn beim Teetrinken sollte man eine feste Regel einhalten: Erst den Kluntje in die Tasse, dann ganz heißen Tee drauf gießen, dann einen Löffel Sahne drauf legen, der wie eine Wolke oben bleibt. Und nicht umrühren! Den Löffel braucht man erst, wenn man keinen Tee mehr möchte. Dann steckt man ihn in die Tasse.

Bildergalerie
20 Bilder
Plattdeutsch auf dem Teebeutel
11.05.2023

So eine Teezeremonie haben die Kinder dann in der Klasse wiederholt. Dazu haben alle ihre eigene Tasse mitgebracht. Und Margret Aden hatte noch eine Regel, die sie von ihrer Mutter kennt: Das Stück leckeren Kuchen isst man erst, wenn die erste Tasse Tee getrunken und die zweite eingeschenkt ist. Am Donnerstag haben die Kinder den Ostfriesischen Nachrichten nicht nur ihre tollen Teebeutelbilder gezeigt, sondern auch neue zum Muttertag gemacht. Die sind nämlich auch ein ganz tolles Geschenk.

Amerikanische Künstlerin ist berühmt geworden für Kunst auf Teebeuteln

Und sie haben erzählt, wie sie gestaunt haben: Denn neulich hat die amerikanische Künstlerin Ruby Silvious im Teemuseum Norden ausgestellt: Und zwar Kunstwerke aus Teebeuteln, die sie bemalt hat. Darunter war auch ein großer Kimono aus 800 Teebeuteln. Aber auch ganz kleine Bilder auf Teebeuteln, die nicht mal auseinandergefaltet waren.

Damit ist die Künstlerin berühmt geworden und zeigt ihre Werke in vielen Ländern. Die Kinder haben diese Ausstellung bei ihrem Besuch in Norden knapp verpasst. Aber sie wundern sich, dass Ruby Silvious als jemand gilt, der etwas ganz Außergewöhnliches macht. Alle täten so, als hätte Ruby Silvious die Teebeutelkunst erfunden, sagen die Schüler. Dabei wird in Wallinghausen auch schon seit Jahren kreativ gestempelt.