Meinung

Schulgutachten: Wer zahlt, bestimmt die Musik – mit Folgen

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Ein Kommentar von Stephan Schmidt
| 19.02.2022 11:11 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Bei der Auricher Realschule lag der Gutachter mächtig daneben. Foto: Romuald Banik
Bei der Auricher Realschule lag der Gutachter mächtig daneben. Foto: Romuald Banik
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2014 legte ein Gutachter eine Prognose zur Schulentwicklung im Landkreis Aurich vor. In der Stadt Aurich lag er zum Teil kräftig daneben.

Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen: Der spöttische Spruch von Mark Twain bewahrheitet sich im Gegensatz zu vielen Voraussagen sehr häufig. So auch im Fall des sogenannten Schulentwicklungsplanes des Landkreises Aurich. 2014 skizzierte der beauftragte Gutachter Wolf Krämer-Mandeau, wie die Schullandschaft in den nächsten Jahren auszusehen habe. Seine Annahmen haben sich laut Kreisverwaltung in großen Teilen bewahrheitet. Eine beschönigende Aussage.

Die Realschule boomte, die IGS schwächelte

Denn besonders daneben lag der Gutachter in zwei Fällen in der Stadt Aurich. Er sah einen deutlichen Aufschwung der Integrierten Gesamtschulen und einen Niedergang der Realschule voraus. Doch die Realschule boomte. Sie hat heute 60 Prozent mehr Schüler. Und die IGS ließ so viele Federn, dass aus zwei Standorten einer wurde, weil die Schülerzahl um ein Drittel schrumpfte.

Wer zahlt, bestimmt die Musik: So ist es oft bei Gutachten, die in Auftrag gegeben werden. Die damalige Kreisspitze wollte die eigenen Integrierten Gesamtschulen wachsen sehen. Das trug zur übertrieben optimistischen Prognose bei. Doch Wachstum lässt sich nicht herbeischreiben. Eltern haben ihren eigenen Kopf.

Ein Problem für Eltern aus Südbrookmerland

Zum Problem wird das, weil die Realschule Aurich an ihre Kapazitätsgrenze gelangt ist. Die Stadt hat am Donnerstag daher beschlossen, die Schülerzahl auf 900 zu begrenzen – 150 pro Jahrgang. Zuletzt wurden 40 Kinder aus Südbrookmerland an der Auricher Schule eingeschult. Bei ungebrochenem Interesse wäre das künftig nicht mehr möglich, weil Auricher Kinder Vorrang haben sollen.

Zur Entspannung der Lage könnte die geplante Ansiedlung einer Freien Christlichen Schule Ostfriesland (FCSO) in Moordorf beitragen. Diese ist in der Politik in Südbrookmerland und Brookmerland umstritten. Man fürchtet, dass die Ansiedlung auf Kosten der IGS Marienhafe/Moorhusen geht.

IGS Marienhafe/Moorhusen kann Konkurrenz vertragen

Doch deren Zahlen sind so solide, dass sie Konkurrenz verkraften könnte. Und die FCSO würde Schüler aus allen Himmelsrichtungen anziehen. Das Beispiel der seit langem bestehenden FCSO in Moormerland zeigt: Das zusätzliche Angebot ist keine Gefahr für andere Schulen, sondern eine stark nachgefragte und benötigte Option für viele Eltern.

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