Meinung

Der Altkanzler hätte längst rausfliegen sollen

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Ein Kommentar von Stephan Schmidt
| 12.02.2022 10:48 Uhr | 1 Kommentar | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) nahm im Dezember vergangenen Jahres an der Vorstellung der Biografie über Olaf Scholz, „Der Weg zur Macht“, teil. Foto: DPA
Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) nahm im Dezember vergangenen Jahres an der Vorstellung der Biografie über Olaf Scholz, „Der Weg zur Macht“, teil. Foto: DPA
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Der Parlamentarische Staatssekretär Johann Saathoff (SPD) aus Pewsum wird wegen eines Gesprächs mit Gerhard Schröder kritisiert. Dabei trifft weniger Saathoff, als vielmehr seine Partei die Schuld.

Johann Saathoff hat sich am Donnerstag unvermittelt in den internationalen Nachrichten wiedergefunden. Der hiesige SPD-Bundestagsabgeordnete aus Pewsum, der als Parlamentarischer Staatssekretär auf der Regierungsbank sitzt, hatte sich am 5. Januar zu einem Gespräch mit Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) getroffen. Das Brisante dabei: Die Bundesregierung verfolgt einen Russland-kritischen Kurs im Ukrainekonflikt, während Schröder ein Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist – und nun auch noch in den Aufsichtsrat des staatlichen Energieriesen Gazprom aufsteigen soll. Distanz zu Schröder sieht also anders aus, könnte man meinen.

Es ist Tagesgeschäft, sich auszutauschen

Dabei ist weniger das Treffen an sich zu bemängeln. Natürlich macht es keinen guten Eindruck, wenn sich inmitten der Krise ein Staatssekretär eher still und heimlich mit einem Kreml-Freund trifft. Zumal Saathoff zu dem Zeitpunkt kein Russland-Beauftragter mehr war, sondern für das Innenministerium arbeitete. Aber ein Gespräch mit einem intimen Kenner der russischen Seite ist noch kein Vergehen. Informationen schaden nicht. Es ist Tagesgeschäft, sich auszutauschen – auch mit Personen, die konträre Meinungen vertreten.

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Rauswurf aus der Partei wäre richtig gewesen

Saathoff wird in einen Konflikt hineingezogen, den die SPD schon vor vielen Jahren hätte lösen sollen: mit einem Rauswurf des Exkanzlers aus der Partei. Sie schließt zurecht einen Großefehntjer Landtagsabgeordneten aus, dessen Facebook-Chats illegal veröffentlicht wurden, aber findet es offenbar vollkommen in Ordnung, wenn sich ein prominenter Genosse in den Dienst eines Autokraten und Demokratiefeindes stellt, der systematisch freie Meinungsäußerung unterdrückt und Oppositionelle ausschaltet.

Viele Einladungen als Ehrengast und Wahlkämpfer

Direkt nach seiner Kanzlerschaft, im Jahr 2005, trat Schröder in den russischen Staatsdienst ein. Das war ein Coup für Putin. Ein „lupenreiner Demokrat“, wie Schröder behauptete, war der Staatschef schon damals nicht. Und Schröder hat sich als solcher dadurch auch disqualifiziert. Einen Parteiausschluss hatte das nicht zur Folge, sondern viele Einladungen der SPD als Ehrengast und Wahlkämpfer. Schröder ist eine Blamage für die SPD, aber diese Altlast sollte jetzt nicht Saathoff angekreidet werden.

Den Autor erreichen Sie unter der E-Mail-Adresse stephan.schmidt@on-online.de