Junges Ehrenamt Wie zwei Freundinnen auf Borkum Kindern Abenteuer schenken
Aus einer Idee wird eine Gemeinschaft: Jil und Sara gründen die „Nordlichter Borkum“ und zeigen, wie viel Freude und Zusammenhalt ehrenamtliches Engagement schenken kann.
Borkum - Das Thermometer zeigt 13 Grad, die Sonne verdeckt sich hinter grauen Wolken und von der Nordsee pfeift ein kalter Wind über die Insel. Davon nicht beeindrucken lassen sich gut ein Dutzend Kinder im Grundschulalter, die im Schutze des alten Offizierskasinos im Borkumer Hafen Halloween-Gesichter in Kürbisse schnitzen.
Verantwortlich dafür sind Jil Strenger (23) und Sara Hoffmann (29), die Anfang des Jahres auf der ostfriesischen Insel eine Pfadfindergruppe namens „Nordlichter Borkum“ gegründet haben. „Wir hatten den Wunsch, uns ehrenamtlich zu engagieren“, erklärt Sara Hoffmann im Gespräch mit den Ostfriesischen Nachrichten ihre Motivation. „Auch etwas mit Kindern wäre mega“, ergänzt Jil Strenger.
Beide mussten nicht lange überlegen und die Wahl fiel auf eine Pfadfindergruppe. „Ich bin seit Kindesbeinen dabei“, spricht Sara davon, dass ihr die Pfadfinderei sprichwörtlich in die Wiege gelegt wurde. „Ich wurde von ihr infiziert“, sagt Jil mit einem Lächeln im Gesicht. Die jungen Wahl-Borkumerinnen lassen keinen Zweifel aufkommen, dass sie mit ganzem Herzen dabei sind.
Der offizielle Auftakt wurde Ende Januar mit der Gründungsversammlung zusammengelegt. Dem gingen allerdings einige bürokratische Hürden voraus. „Da war einiges zu erledigen“, spricht Sara von einem gehörigen Aufwand. „Wir sind auch bei Null gestartet“, ergänzt Jil. Während andere Ehrenamtliche oft auf ein bestehendes Fundament zurückgreifen können, war Borkum für zukünftige Pfadfinder Neuland.
Dies hat die jungen Frauen aber nicht von ihrem Ziel abbringen lassen. „Die ersten zwei Monate haben wir alles aus eigener Tasche gezahlt“, erklärt Jil bescheiden. Auch mussten Jil und Sara kaum um Mitglieder werben. „Ein Facebook-Post hat ausgereicht“, beschreibt Sara die Maßnahme. Ansonsten verbreitete sich die Absicht der beiden wie ein Lauffeuer auf der Insel.
Heute sind unter dem Dach der „Nordlichter Borkum“ in zwei Gruppen insgesamt 28 Kinder aktiv. Bei den „Wölflingen“ werden zwölf Kinder im Alter von fünf bis acht Jahren betreut und bei dem „Jungpfadfindern“ 16 Kinder im Alter von neun bis zwölf Jahren. Aktuell nutzen die Pfadfinder noch das Borkumer Pfarrheim. Langfristig soll der Sitz aber zum ehemaligen Offizierskasino verlegt werden. „Dort wohnen wir seit Kurzem“, erklärt Jil. Zu Beginn bot auch die Pension „Souchong“ von Jils Mutter Martina Strenger den „Nordlichtern“ eine Heimat. „Wir sind alle eine große Familie“, betonen Jil und Sara übereinstimmend im Gespräch.
Regelmäßige Treffen finden wöchentlich dienstags statt – für die „Wölflinge“ von 17.15 bis 18.15 Uhr und die „Jungpfadfinder“ von 18.30 bis 19.30 Uhr. „Wenn es möglich ist, sind wir immer draußen“, beschreibt Sara eine Vielzahl von Aktivitäten, die inseltypisch auch am Strand stattfinden. „Der bietet uns viele Möglichkeiten“, erzählt Jil und erwähnt, dass für den nächsten Sommer eine Wattwanderung geplant ist. „Die bekommen wir vom örtlichen Wattführer geschenkt.“ Ansonsten stehen für das kommende Jahr eine Alpakawanderung, weitere Besuche im Rahmen der „Blaulichtreihe“ oder der Austausch mit anderen Pfadfindergruppen des Festlandes auf dem Programm.
Jil Strenger lebt seit mittlerweile elf Jahren auf der Insel. Eine Mutter-Kind-Kur führte sie nach Borkum. „Meiner Mutter hat es so gut gefallen, da sind wir einfach geblieben.“ Heute arbeitet sie im Familienunternehmen, das aus Pension, Kiosk und Reinigungsdienst besteht. Sara Hoffmann ist gelernte Erzieherin und mittlerweile ebenfalls bei den Strengers beschäftigt. „Wir sind beste Freundinnen“, geben die beiden Pfadfinderinnen offen zu.
Mit Herz und Leidenschaft gehen die jungen Frauen ihrem Ehrenamt nach. Bauen können sie auf ihre Familie und eine Handvoll Sponsoren. „Ohne sie geht es nicht“, richten die Beiden ihren Dank an die „Inselapotheke“, die „Dachdeckerei Lohmann“, die „Pension Souchong“ und den Rotaryclub.
Grußwort von Stephan Schmidt
„Mach doch mal was draußen!“ So etwas in der Art sagen unzählige Eltern ihren Kindern, wenn diese mal wieder nur auf dem Sofa liegen, auf dem Handy scrollen oder am PC Ballerspiele zocken. Doch viele Kinder wissen heute gar nicht mehr, was sie „draußen“ anstellen sollen. Was macht man da überhaupt? Jil Strenger und Sara Hoffmann aus Borkum kennen Antworten. Und zwar jede Menge. Draußen zu sein und die Natur zu erleben, liegt ihnen im Blut. Sie sind Pfadfinderinnen aus Leidenschaft. Diese geben sie seit Anfang dieses Jahres an Kinder und Jugendliche weiter. Und zwar bei Wind und Wetter. Dass junge Menschen nicht nur Bock auf Bildschirme haben, zeigt sich an der Teilnehmerzahl: Ein Posting bei Facebook reichte aus, dass mittlerweile 28 Kinder und Jugendliche bei „Wölflingen“ und „Jungpfadfindern“ aktiv sind. Beeindruckend dabei ist, dass die beiden Frauen alles in Eigenregie aufgebaut haben. Sie zeigen: Manchmal braucht es nur Vorbilder, um junge Leute zu motivieren. Jils und Saras Begeisterung ist offensichtlich ansteckend.
Der gebürtige Rheiderländer Stephan Schmidt ist seit 2014 Chefredakteur der Ostfriesischen Nachrichten.