Europawahl 2024 So reagieren Ostfriesen im Netz auf das Wahlergebnis

Deike Terhorst
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Von Deike Terhorst
| 10.06.2024 14:44 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Auf den Facebook-Kanälen der Zeitungsgruppe Ostfriesland stand das Ergebnis der Europawahl 2024 zur Diskussion. Foto: Andre M. Chang/Zuma Press/dpa
Auf den Facebook-Kanälen der Zeitungsgruppe Ostfriesland stand das Ergebnis der Europawahl 2024 zur Diskussion. Foto: Andre M. Chang/Zuma Press/dpa
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Nach der Europawahl verlieren viele Facebook-User keine Zeit, ihre Meinung zum Ergebnis kundzutun. Auf den Kanälen dieser Zeitung wird lebhaft diskutiert. Wir haben einige Reaktionen zusammengefasst.

Ostfriesland - Die Europawahl 2024 ruft in der Region eine breite Palette an Reaktionen hervor, die von Bestürzung und Unverständnis bis hin zu scharfer Kritik und Erklärungsversuchen reichen. Die Kommentare auf den Facebook-Kanälen der Ostfriesen-Zeitung, des General-Anzeigers und der Ostfriesischen Nachrichten zeichnen ein vielschichtiges Stimmungsbild.

Wie zu erwarten, äußern sich viele Nutzer besorgt über das Erstarken der Alternative für Deutschland (AfD). Ein Nutzer bringt diese Besorgnis in einen direkten Zusammenhang mit der deutschen Vergangenheit und erwähnt dabei den wohl bekanntesten ostfriesischen Holocaust-Überlebenden: „Es tut mir weh, dass Zeitzeugen wie Albrecht Weinberg noch erleben müssen, dass die Menschen nichts aus der Geschichte gelernt haben.“ Eine andere Nutzerin denkt ähnlich: „Ich bin erschüttert, dass so viele Menschen in ihrer Schulzeit den Geschichtsunterricht geschwänzt beziehungsweise verschlafen haben.“

Regierungsparteien werden „abgestraft“

Viele Facebook-User werten das Wahlergebnis als eine unvermeidliche Reaktion auf die aktuelle politische Lage. „Wer politisch eine Verbotskultur schafft und damit viele in Existenznot bringt, muss sich nicht wundern, wenn die Bevölkerung anders wählt“, wird kommentiert. Das Ergebnis der Wahl sei „also gar nicht so überraschend.“

So hat Ostfriesland bei der Europawahl 2024 abgestimmt

Die AfD erzielte nahezu 20 Prozent und kam damit der SPD, besonders im Landkreis Leer, nahe. Die Grünen fielen unter ihr Ergebnis von 2019 und sogar unter das von 2014, während das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) auf Anhieb über fünf Prozent erreichte und damit doppelt so viele Stimmen wie die Linke erhielt. Die FDP blieb ebenfalls unter fünf Prozent. Die CDU konnte ihre Dominanz in der einstigen SPD-Hochburg Ostfriesland weiter ausbauen.

Die genauen Zahlen aus den einzelnen Wahlbezirken aus der Region finden Sie hier.

Dass das Wahlergebnis vor allem einen Protest gegen die aktuelle Regierung darstellt, ist ein häufig geäußerter Standpunkt. Der Wähler habe „die herrschende Politik in Hannover, Berlin und Brüssel abgestraft“, heißt es. Auch die Schuldfrage wird zur Sprache gebracht. Ein Nutzer schreibt: „Die jetzige Regierung ist doch mitschuldig, dass das Ergebnis so ist, wie es jetzt ist. Kann nur besser werden. Viel schlechter geht es ja nicht.“ Ein anderer User relativiert: „Deutschland wird es nie so schlecht gehen, um mich dazu bringen, dass ich jemals die AfD wähle.“

Anhaltende Diskussionen über das AfD-Ergebnis

In der Kommentarspalte wird in diesem Zusammenhang auch zunehmend Kritik an der bisherigen Strategie im Umgang mit der AfD laut: „Es ist zu oberflächlich gedacht und zu kurz gesprungen, einfach nur die Alternative als die Rechten abzustempeln und alle, die sie wählen, als Nazis zu verschreien“, heißt es hier. Natürlich sei Angst immer ein schlechter Ratgeber, die Zahlen würden aber zeigen, dass selbst die Fehltritte der Spitzenkandidaten dem AfD-Zuspruch keinen Abbruch täten. „Die etablierten Parteien haben sich zu lange drauf beschränkt, die Alternative zu stigmatisieren, und zu wenig getan, sie in Sachfragen zu stellen und zu enttarnen“, wird weiter kommentiert. „Man sollte sich viel mehr an seinen eigenen politischen Zielen abarbeiten, als am Bashing der Ziele anderer Parteien“, findet auch ein anderer User.

An anderer Stelle stoßen diese Argumente auf Unverständnis: „Es ist das Eine, mit einer politischen Richtung nicht einverstanden zu sein. Faschisten und Rechtsextreme zu wählen, mit vorbestraften Anführern, die große Sympathie mit Ländern vorweisen kann, in denen freie Wahlen erst gar nicht möglich sind, die die EU - welche Deutschland wirtschaftlich am Leben hält - ablehnt, die keine Inhalte außer Migration hat, zu wählen, das Andere“, fasst ein Facebook-Nutzer die Meinungen der Gegenseite zusammen.

Demokratisches Einmaleins

Unsicherheit über die politische Zukunft, aber auch einen klaren Wunsch nach einer veränderten, bürgernäheren Politik - das bringen die meisten Kommentare unter den Facebook-Seiten der Zeitungsgruppe Ostfriesland zum Ausdruck, auf die ein oder andere Weise. „Die etablierten Parteien haben immer noch nicht verstanden, dass sie ihre Politik an die Bedürfnisse der Wählerinnen und Wähler anpassen müssen“, merkt einer der Kommentatoren an. Auf das eigene Versagen ihrer Parteiprogramme und ihrer Landes-, Bundes- und Europapolitik würden sie nicht eingehen. Ein anderer Nutzer bringt es auf den Punkt: „Im Grunde genommen hat gestern das kleine 1x1 der Demokratie stattgefunden: Der Wähler hat halt die Parteien nicht wieder gewählt, von denen er sich schlecht vertreten gefühlt hat.“

Wenn denn überhaupt gewählt wurde. „Trauriger Trend ist, dass in den einzelnen Kommunen nicht mal die Hälfte aller Wahlberechtigten überhaupt wählen gegangen ist“, heißt es in einem Kommentar zum Thema Wahlbeteiligung. Die Reaktionen der Ostfriesen auf das Europawahlergebnis spiegeln demnach vor allem eins: Frustration.

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