Demos gegen Politik der Regierung Form des Protests bleibt problematisch

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Eine Kolumne von Stephan Schmidt
| 13.01.2024 10:03 Uhr | 2 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Protest auf dem Pferdemarkt in Aurich: Die Demonstranten fordern das Ende der Ampel, aber nicht das Ende der Demokratie. Foto: Heino Hermanns
Protest auf dem Pferdemarkt in Aurich: Die Demonstranten fordern das Ende der Ampel, aber nicht das Ende der Demokratie. Foto: Heino Hermanns
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Es ist keine Demokratiekrise, wenn sich, wie jetzt in Aurich, immer mehr Branchen dem Protest der Bauern anschließen. Im Gegenteil. Problematisch bleibt aber die Form des Protests. Ein Kommentar.

Am Sonnabend demonstrieren in Aurich mittelständische Unternehmen. Ihr Protestzug stoppt im Fischteichweg und an der Pferdemarktkreuzung. Die am Montag gestarteten vermeintlichen Bauerndemos haben sich sichtlich ausgeweitet: Handwerker und Dienstleister haben sich den Landwirten angeschlossen.

Das Bündnis gegen die Politik der Regierung wird breiter. Aber im gleichen Maße verwässert sich auch die Botschaft. Kfz-Steuern und Agrardiesel spielen eine Nebenrolle. Opposition gegen die Ampel und eine unbestimmte Schnauze-voll-Haltung stehen im Vordergrund. Wer demonstriert eigentlich für was genau? Das ist immer schwerer zu fassen, je mehr Interessengruppen sich dem Protest anschließen oder sich solidarisch zeigen.

Auch Befürworter der Proteste sind Leidtragende

Problematisch bleibt die Art des Protests, der nichts anderes ist als koordinierte Straßenblockaden. Diese treffen alle, ganz gleich, ob jemand auf der Seite der Demonstranten steht oder nicht. Selbst Menschen, die schon überzeugt sind, dass die Ampel „weg“ muss, warten im Stau. Geschäftsleute müssen auf Kunden verzichten, weil diese an Protesttagen die Straßen meiden. So gesehen sind die Blockaden alles andere als solidarisch.

Teil der demokratischen Kultur

Aber um es einmal klar zu sagen: Es ist kein Zeichen einer Krise der Demokratie, wenn Bauern, Handwerker, Gastronomen, Pflegedienste und viele andere auf die Straße gehen. Im Gegenteil: Es war schon immer Teil der demokratischen Kultur, sich durch Demonstrationen Gehör zu verschaffen.

Man kann darüber streiten, ob Straßenblockaden zu weit gehen. Aber eines haben die Demonstranten auf diese Weise geschafft: Ganz Deutschland diskutiert über politische Entscheidungen. Und das war das Ziel.

Rechte Auswüchse sind große Ausnahme

Rechte Trittbrettfahrer und Populisten nutzen die Proteststimmung für ihre Zwecke. Das verhindern auch Appelle des Bauernverbandes nicht. In Emden war am Montag auf der Kundgebung eine Ampel am Galgen zu sehen.

Ein Redner forderte am Mikrofon „Knast“ für Olaf Scholz und bekam dafür den lautesten Applaus. Diese Auswüchse waren in dieser Woche in Ostfriesland aber die große Ausnahme. Einige Bauern forderten auf Schildern an ihren Treckern zwar das Aus für die „Ampel“ – aber nicht das Ende der Demokratie. Das ist ein erheblicher Unterschied.

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