Tourismus an der Nordseeküste Kosten zu niedrig geschätzt – ein ärgerliches Muster in der Politik

|
Ein Kommentar von Stephan Schmidt
| 02.12.2023 11:38 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
Artikel hören:
Der Badesee in Tannenhausen ist ein beliebtes Ausflugsziel, nicht nur für Einheimische, sondern auch für Urlauber. Foto: Heino Hermanns
Der Badesee in Tannenhausen ist ein beliebtes Ausflugsziel, nicht nur für Einheimische, sondern auch für Urlauber. Foto: Heino Hermanns
Artikel teilen:

Nur zwei Jahre nach der Gründung braucht die Tourismusagentur Nordsee mehr Geld vom Kreis Aurich. Einmal mehr zeigt sich ein ärgerliches Muster. Ein Kommentar.

Mario Schiefelbein legte in dieser Woche einen forschen Auftritt im Wirtschafts- und Tourismusausschuss des Landkreises Aurich hin. Der Chef der neugegründeten Tourismusagentur Nordsee GmbH (Tano) beklagte, wie gering sein Budget sei. 800.000 Euro pro Jahr, das sei „ein bisschen dünn“ oder auch „einfach lächerlich“.

Nach nur zwei Jahren kommt die Tano schon nicht mehr mit dem Geld hin. Der Auricher Ausschuss zeigte sich generös. Statt wie geplant 160.000 Euro schießt der Landkreis als größter Geldgeber nun 240.000 Euro pro Jahr zu.

Gebiete haben nicht viel gemeinsam

Die Tano versteht sich als eine Super-Tourismusagentur, als Überbau über die vielen kleineren Tourismusgesellschaften im Norden. Sie vertritt eine Urlaubsregion, die die niedersächsischen Kreise Aurich, Ammerland, Cuxhaven, Friesland, Leer, Wesermarsch und Wittmund sowie die Stadt Wilhelmshaven und die Stadt Bremerhaven umfasst. Was diese Gebiete gemeinsam haben? Nicht viel, außer dass sie mal mehr, mal weniger nah der Küste liegen.

Dutzende Organisationen kümmern sich um Tourismus

Dutzende von Gesellschaften, Verbänden, Vereinen und Agenturen kümmern sich schon um die Vermarktung ihrer jeweiligen Städte und Gemeinden nahe der Nordseeküste. Aurich hat den Verkehrsverein, Südbrookmerland die Südbrookmerland Touristik GmbH, Ostfriesland die OTG in Leer. Die Reihe lässt sich lange fortsetzen. Die Initiatoren der Tano verkauften den Politikern erfolgreich die Idee, das Gebiet zwischen dem Dollart und der Elbmündung lasse sich als Ganzes vermarkten. Es dürfe nicht abgehängt werden. Fast alle ließen Geld springen – bis auf die Stadt Emden.

Das lässt Böses erahnen

Am Beispiel der Tano-Gründung zeigt sich ein ärgerliches Muster politischer Entscheidungen: Die Ideengeber steigen bei der Kostenschätzung niedrig ein, um den Abgeordneten das Projekt nicht zu vergällen. Erst später zeigen sich die wahren Kosten. Ein Zurück gibt es in der Regel nicht mehr, weil schon zu viel Geld investiert wurde.

Mario Schiefelbein hat große Ambitionen. Seine Agentur soll von derzeit sieben auf 20 Mitarbeiter wachsen. Dass er den aktuellen Zuschuss als „lächerlich“ bezeichnete, lässt Böses erahnen. Da können sich die Lokalpolitiker finanziell noch auf einiges gefasst machen. Die Frage sollte immer sein: Lohnt sich das? Das Problem: Der Erfolg der Agentur lässt sich kaum messen. Ein Dilemma.

Ähnliche Artikel