Aus für Kernkraftwerke Ein erschreckend schlecht vorbereiteter Abschied von der Atomenergie

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Ein Kommentar von Stephan Schmidt
| 15.04.2023 09:56 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Anti-Atom-Aktivisten projizierten vor wenigen Tagen eine große Anti-Atom-Sonne auf den Kühlturm des Atomkraftwerkes Emsland in Lingen. Foto: DPA
Anti-Atom-Aktivisten projizierten vor wenigen Tagen eine große Anti-Atom-Sonne auf den Kühlturm des Atomkraftwerkes Emsland in Lingen. Foto: DPA
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Wenn heute die drei letzten Atomkraftwerke abgeschaltet werden, ist Deutschland schlecht vorbereitet. Enercon könnte zu den Gewinnern gehören – aber selbst dort steckt man in der Krise. Ein Kommentar.

Widersprüchlich muss den Strom- und Gaskunden die Energiepolitik in Deutschland vorkommen. Ein grüner Wirtschaftsminister pocht auf das endgültige Aus der drei letzten Atomkraftwerke an diesem Wochenende. So weit, so erwartbar. Aber um die entstehende Energielücke zu schließen, setzt er auf Gas und Kohle. Ausgerechnet auf zwei fossile Brennstoffe mit weit schlechterer Klimabilanz.

Dabei sollte doch eigentlich das Klima gerettet werden. Gegen den Ausstieg wettern nun ganz plötzlich CDU und FDP. Jene Parteien also, die den Ausstieg 2011 selbst eingeleitet und mit großer Mehrheit im Bundestag durchgebracht haben. Und die Bürger? Die sind laut Umfragen mit deutlicher Mehrheit für den weiteren Betrieb. Denn sie ahnen, dass Energie zwar wohl nicht knapp wird, aber noch einmal teurer. Wer soll das alles bezahlen?

In zwölf Jahren passierte erschreckend wenig

Auf der Gewinnerseite könnte der Auricher Windkraftanlagenhersteller Enercon stehen. Die Politik in Berlin wird in den kommenden Jahrzehnten regenerative Energie auf Teufel komm raus fördern – und zwar zwangsläufig. Denn die Alternativen sind klimaschädlicher, zu knapp und zumeist in der Hand von Autokraten. Auch das wird teuer.

Als 2011 der Atomausstieg beschlossen wurde, trugen es die meisten Deutschen mit. Die Bilder des Super-GAUs in Fukushima waren frisch. Vor allem aber gingen alle davon aus, die Politik werde systematisch am Ausbau der Alternativen arbeiten. Das war wohl zu naiv. Denn in den zwölf Jahren danach passierte erschreckend wenig.

Solarindustrie und Windkraftbranche ausgebremst

Schlimmer noch: Die Entwicklung wurde gebremst. Die aufkeimende Solarindustrie wurde im Keim erstickt. Und der Windkraft wurde es schwerer statt leichter gemacht. Verschwendete Jahre gab es etwa durch die Neufassung des Ausschreibungsmodells. Vergütungen wurden verringert. Eine ganze Branche wurde in die Krise gestürzt.

Enercon ist noch mittendrin. Der Auricher Konzern reagierte darauf so, wie es viele deutsche Unternehmen tun: Es verlagerte Produktionsstätten ins Ausland. Dort ist auch die Energie billiger. Die viertgrößte Industrienation der Welt verliert zusehends an Wirtschaftskraft. Es ist ein von der Politik selbstgewähltes Schicksal. Den Preis werden alle Deutschen zahlen.

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