Aus für Milchtankstellen Bonpflicht für Milchtankstellen ist Teil eines größeren Problems

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Ein Kommentar von Stephan Schmidt
| 14.01.2023 09:59 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Jörg und Kerstin Kulke vor ihrer Milchtankstelle, die seit dem 1. Januar außer Betrieb ist. Foto: Romuald Banik
Jörg und Kerstin Kulke vor ihrer Milchtankstelle, die seit dem 1. Januar außer Betrieb ist. Foto: Romuald Banik
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Ob Bonpflicht für Milchtankstellen oder Papierberge im Gesundheitswesen: Immer neue Regeln halten die Menschen vom Arbeiten ab. Es sind Vorschriften für Bürokraten, nicht für Bürger. Ein Kommentar.

Niemand wollte sie. Bekommen haben wir sie trotzdem: Kassenbons an den Milchtankstellen. Bundesweit ist es seit dem 1. Januar Pflicht, dass die Zapfstellen für Frischmilch auf den Bauernhöfen kleine Zettel mit der abgefüllten Menge ausspucken. Zudem müssen die Geräte alle zwei Jahre geeicht werden. Zwischen 2000 und 2500 Euro kostet eine Umrüstung. Zumindest für die Milchtankstellen von Annegret Köpsel aus Upende in Südbrookmerland sowie Kerstin und Jörg Kulke aus Brockzetel, über die wir diese Woche berichteten, bedeutet es das Aus. Es lohnt sich für sie nicht mehr.

Der Nutzen der Vorschrift? Bleibt schleierhaft. Der Schaden ist jedoch sichtbar: Die Kunden müssen auf ihre Frischmilch verzichten – und die Betreiber auf einen kleinen Nebenverdienst. Es ist die Folge von Vorschriften, die sich kein Kunde gewünscht hat.

Bonpflicht sorgt nur für volle Mülleimer

Nun mag man einwenden, dass Milchtankstellen nun nicht gerade zu den Tragpfeilern der deutschen Wirtschaft gehören. Doch am Beispiel dieser liebgewonnenen Einrichtung lässt sich das ganze Problem deutscher und europäischer Gesetzgebung erkennen: Immer mehr Regeln, Vorschriften und Pflichten halten die Menschen von ihrer eigentlichen Arbeit ab.

Seit 2020 gilt etwa die Bonpflicht für Bäckereien. Auch diese wollte keiner – weder Betriebe noch Kunden. Den Finanzämtern hat sie auch kaum geholfen. Statt Steuerbetrug zu verhindern, hat sie eher für volle Mülleimer vor Bäckereien gesorgt.

Dokumentationspflichten sind ein besonderer Graus

Dokumentationspflichten sind ein besonderer Graus vieler Branchen. Insbesondere im Gesundheitswesen und der Pflege binden sie Zeit und Personal, die bei den Patienten fehlen. Ärzte und Pfleger werden gezwungen, Unmengen von Formularen auszufüllen. Man darf behaupten: Gesünder wird durch die Papierberge niemand.

Oft sind Regeln das Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit. Neue Vorschriften drängen kleine Betriebe aus dem Markt, weil sich nur die Großen deren Einhaltung leisten können. Insofern ist die Sorge von Kerstin und Jörg Kulke berechtigt, dass die Bon- und Eichpflicht für Milchtankstellen nicht die letzte Gängelung bleiben wird. Denn eines ist sicher: Neue Vorschriften werden kommen. Und kaum eine ist jemals abgeschafft worden.

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