Zentralklinik und Naturschutz Kiebitz-Projekt für eine Million – so sieht heuchlerische Umweltpolitik aus

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Ein Kommentar von Stephan Schmidt
| 10.12.2022 10:08 Uhr | 1 Kommentar | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Ein Kiebitz. 2015 wurde der Bodenbrüter auf die Internationale Rote Liste gefährdeter Vogelarten gesetzt. In Südbrookmerland sollen 18 Brutpaare umziehen. Ob das klappt, ist ungewiss. Foto: DPA
Ein Kiebitz. 2015 wurde der Bodenbrüter auf die Internationale Rote Liste gefährdeter Vogelarten gesetzt. In Südbrookmerland sollen 18 Brutpaare umziehen. Ob das klappt, ist ungewiss. Foto: DPA
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In den Engerhafer Meeden soll für eine Million Euro ein Brutgebiet für Kiebitze geschaffen werden. Grund ist die Zentralklinik. Ein Beispiel für heuchlerische Umweltpolitik. Ein Kommentar.

Eine Million Euro: So viel kostet ein Brutgebiet für Kiebitze, das die Gemeinde Südbrookmerland in den Engerhafer Meeden anlegen muss – als Ausgleichsfläche für die Zentralklinik. Denn das heutige Brutgebiet für die 18 Kiebitzpaare soll bebaut werden. Das Geld muss die Gemeinde aus eigener Tasche zahlen. Kein Wunder, dass es den Ratsmitgliedern am Donnerstag für einige Augenblicke die Sprache verschlug.

Das Projekt zeigt, wie heuchlerische Umweltpolitik aussieht. Man sollte sich schon entscheiden: Sind die Kiebitze nun schützenswert oder nicht? Wenn ja, dann muss man sich eine andere Fläche für die Klinik suchen. Aber vor diesem konsequenten Schritt schrecken Politik und Behörden dann doch zurück. Man will ja nicht als Kiebitzkuschler und Fortschrittsbremse verlacht werden.

Nicht einmal die Planer wissen, ob es funktioniert

Also versucht man irgendwie die Quadratur des Kreises – indem man einfach einen neuen Lebensraum erschafft. Sozusagen aus dem Nichts. Ob die Vögel dort brüten? Die Planer wissen es nicht. Es spielt auch keine Rolle. Bis darauf eine Antwort gegeben werden kann, rollen schon längst Bagger und Planierraupen über das Brutgebiet. Und der irrwitzig hohe Preis für all das, 28.000 Euro pro Vogel, zeigt doch nur, wie unglaublich ernst man es mit dem Naturschutz meint. Voilà: Alle sind’s zufrieden – Zentralklinik-Planer, Behörden, Politiker, Baufirmen und Landschaftsarchitekten. Nur die Kiebitze möglicherweise nicht. Aber die sagen ja nichts.

In Deutschland kann man sich ein reines Gewissen kaufen

Weil man es so gut meint mit den bedrohten Arten, wurde kürzlich ebenfalls in den Meeden rund ums Große Meer eifrig gerodet: Unzählige Bäume und Büsche mussten weichen, ein Wäldchen noch dazu, damit es Uferschnepfe, Rotschenkel und Kiebitz angenehm haben und die natürlichen Fressfeinde ungemütlich. Umweltzerstörung im Namen des Artenschutzes. Selbst der Nabu applaudierte.

Ehrlich wäre es gewesen, die Naturschutzproblematik beim Bau der Zentralklinik viel eher anzusprechen. Vielleicht hätte es andere Standorte gegeben.

Nur der Nabu warnte schon 2016 vor den Schäden an Landschaft und Vogel-Populationen durch die Zentralklinik. Interessiert hat es keinen. Das Gute ist ja: In Deutschland kann man sich ein reines Umwelt-Gewissen kaufen. Die Million ist also gut angelegt.

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