Meinung

Button bei Maskenbefreiung: Gut gemeint, schlecht gemacht

Stephan Schmidt
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Von Stephan Schmidt
| 29.01.2022 10:11 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Der Eingang der Realschule Aurich im Juli vergangenen Jahres. Foto: Romuald Banik
Der Eingang der Realschule Aurich im Juli vergangenen Jahres. Foto: Romuald Banik
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Hinter der Idee der Realschule Aurich, Schüler mit Maskenbefreiung einen Button tragen zu lassen, steckt keine Böswilligkeit. Hinter den gehässigen Kommentaren im Internet aber schon.

Was Lehrern, Eltern und Schülern in der Pandemie aufgebürdet wird, ist enorm. In kaum einem anderen Bereich wird auf die Einhaltung der Regeln so geachtet wie in den Schulen. Alle tun ihres Bestes, um den sich immer wieder verändernden Vorschriften gerecht zu werden. Manchmal wird dabei übers Ziel hinausgeschossen. So wie bei der Ankündigung der Realschule Aurich, dass die von Schutzmasken befreiten Schüler einen Button tragen sollen. Die Idee dahinter ist nicht verkehrt: Bei rund 1000 Schülern ist es kaum möglich, den Überblick darüber zu behalten, wer befreit ist und wer sich nicht an die Regeln hält. Auch für die Schüler ist es nervig, ständig angesprochen zu werden. Die Idee entpuppte sich aber als Steilvorlage für Schimpftiraden im Internet – und war tatsächlich ein Fehlgriff. Es ist ein Beispiel für den Spruch: Gut gemeint, schlecht gemacht.

Darauf haben einige offenbar nur gewartet

Auf den Tag, an dem Kinder am Pullover eine Kennzeichnung tragen müssen, hatten viele offenbar nur gewartet. Wie eine gierige Meute stürzten sie sich in den Kommentaren bei Youtube und Facebook auf Schulleiterin Kathrin Peters und ihre Lehrkräfte. Kein Vergleich war ihnen zu geschmacklos, um angebliche Parallelen zwischen den Corona-Regelungen und der Terrorherrschaft der Nazis zu konstruieren. Für viele Querdenker, Reichsbürger und andere Schwurbler ist es nur noch ein kurzer Weg vom bunten Button zum gelben Stern auf der Brust. Dass sie damit den Holocaust, die systematische Ausgrenzung und den industriell geplanten Massenmord an den europäischen Juden, auf unsägliche Weise verharmlosen, ist ihnen entweder nicht bewusst oder egal.

Vergleiche sind historisch absurd und unerträglich verharmlosend

Was man der Leitung der Realschule vorwerfen kann, ist ihre Naivität. Sie hätte vorausahnen können, auf welchem Niveau die öffentliche Debatte gerade im Internet stattfindet. Denn insbesondere in der Querdenker- und „Spaziergänger“-Szene setzen sich viele mit den Verfolgten des Dritten Reichs gleich. Historisch absurd, unerträglich verharmlosend, aber sie tun es. Und das schon seit Beginn der Pandemie. Es gibt bessere Möglichkeiten, das Problem mit den von Masken befreiten Schülern zu lösen. Andere Schulen machen es vor.

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