Aurich

Polizei warnt vor modernem Heiratsschwindel

| | 25.10.2021 15:36 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Beim modernen Heiratsschwindel treten die Betrüger in der Regel nicht persönlich auf. Es bleibt bei Kontakten über das Internet oder das Telefon. Aber das kann schon ausreichen, die Opfer in eine emotionale Abhängigkeit zu treiben. Symbolfoto: DPA
Beim modernen Heiratsschwindel treten die Betrüger in der Regel nicht persönlich auf. Es bleibt bei Kontakten über das Internet oder das Telefon. Aber das kann schon ausreichen, die Opfer in eine emotionale Abhängigkeit zu treiben. Symbolfoto: DPA
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Sogenannte Love-Scammer spielen mit den Gefühlen ihrer Opfer – und wollen dabei nur ihr Geld. In der Region wurden zwei Fälle bei der Polizei angezeigt. Sie warnt deshalb vor der Betrugsmasche.

Aurich - Früher nannte man sie Heiratsschwindler. Das Internet und eine globalisierte Welt machen es den Betrügern heute einfacher. Dabei erhielt die alte Betrugsmasche mit vorgetäuschter Liebe neue Namen: Love-Scamming oder Romance-Scamming. Die Polizeiinspektion Aurich/Wittmund warnt aus aktuellem Anlass vor dieser Betrugsmasche.

Zwei Fälle aus der Region wurden den Angaben zufolge kürzlich angezeigt. „Glücklicherweise blieb es in beiden Fällen beim Versuch und es ist den Opfern nach ersten Erkenntnissen kein finanzieller Schaden entstanden“, schreibt die Polizei.

Kein finanzieller Schaden

Eine 69-jährige Frau ist den Angaben zufolge über soziale Netzwerke mit einer Person in Kontakt gekommen, die sich als Arzt mit deutsch klingendem Namen ausgegeben habe und sich angeblich in einem Kriegsgebiet aufhalte. Im Verlauf der Gespräche behauptete die Person, dass sie ein Paket nach Deutschland verschicken müsse. Die Frau teilte dem Mann – in dem Glauben, einer neuen Bekanntschaft zu helfen – ihre Personalien mit und erhielt wenig später per E-Mail eine Zahlungsaufforderung in vierstelliger Höhe. Die Frau wurde misstrauisch und informierte die Polizei.

Ein weiterer Betrüger nahm laut Polizei über ein Online-Dating-Portal Kontakt mit einer 66 Jahre alten Frau auf. Er behauptete, in einer deutschen Großstadt zu wohnen und zu einer Geschäftsreise ins Ausland zu müssen. Im weiteren Verlauf bat der Mann um ihre Bankdaten und eine vierstellige Geldsumme zur Unterstützung. Die Frau brach den Kontakt schließlich ab und ging zur Polizei. Zu einem finanziellen Schaden kam es nicht.

Opfer sind emotional gefangen

Als Romance-Scamming wird das Geschäft mit der angeblichen Liebe oder dem Heiratsschwindel im Internet bezeichnet. Überweisungen im fünfstelligen Euro-Bereich sind laut Polizei keine Seltenheit. Oft leihen sich die Opfer Geld bei Angehörigen und Freunden. Der finanzielle Schaden ist in vielen Fällen immens, hinzu kommt das Schamgefühl der Opfer. Durch eine emotionale Abhängigkeit werden die Opfer dazu gebracht, Geld zu überweisen. Ihr Umfeld bekommt teilweise gar nichts davon mit.

Versuche von Angehörigen, Freunden oder Bekannten, dem Opfer die Augen zu öffnen und die „neue Liebe“ in Frage zu stellen, stoßen oftmals auf Widerstand, berichtet die Polizei. Es gestalte sich sehr schwierig, Opfer dieser Betrugsmasche zu überzeugen. Sie seien bereits emotional gefangen.

„Erfundene Geschichten sind grenzenlos“

Gefälschte Lebensläufe, gestohlene Bilder, falsche Namen und erfundene Familientragödien seien oft erst der Anfang verhängnisvoller virtueller Affären. „Eine neue Liebe, kennengelernt im Internet, die einem innerhalb kürzester Zeit die Welt zu Füßen legt. Es dauert nicht lange und es werden bereits die ersten Zukunftspläne geschmiedet. Das erste Treffen, auf das sich das ,Herz‘ so freut“, schreibt die Polizei.

Das Schicksal meint es allerdings nicht gut mit der Internet-Bekanntschaft. Angeblich völlig unverschuldet gerate er oder sie in eine Notsituation. Mal sei die Kreditkarte gestohlen worden, ein Verwandter schwer erkrankt, Schulden müssten zurückgezahlt werden, er oder sie seien unschuldig verhaftet worden oder auf dem Weg zum Flughafen bestohlen, es habe einen schweren Unfall gegeben, er oder sie benötige Geld für eine notwendige Operation. „Die erfundenen schicksalhaften Geschichten sind grenzenlos“, heißt es.

Nicht immer wollen Betrüger Geld von ihren Opfern

Manchmal tritt auch ein Komplize auf, der die Geschichte des Täters bestätigt. Zahlt das Opfer, ist der Täter allerdings nur kurze Zeit zufrieden. Mit einer anderen Ausrede wird neues Geld gefordert. Zögert das Opfer oder kommt ins Grübeln, werden emotionale Vorwürfe erhoben und der Täter beschuldigt das Opfer, ihn nicht zu lieben. Erst wenn das Opfer zahlungsunfähig ist, meldet sich die Betrüger nicht mehr, die sozialen Profile und Konten werden gelöscht. „Zurück bleibt ein emotional verzweifeltes und finanziell ruiniertes Opfer“, so die Polizei.

Nicht immer fordern die Betrüger Geld von ihren Opfern. Manche versuchen, ihre die Opfer auch anderweitig auszunutzen. Es wird beispielsweise um eine Kopie der Ausweisdokumente gebeten. Die Daten werden dann für betrügerische Zwecke verwendet.

Opfer wird unfreiwillig zum Komplizen

Eine andere Variante betrifft einen angeblichen Freund, der in Europa lebt und Hilfe braucht. Das Opfer soll dann beispielsweise für ihn Pakete entgegennehmen oder aufbewahren. Dadurch wird das Opfer unfreiwillig zum Komplizen. In einigen Fällen werden die Opfer gebeten, ihr Konto für eine Auslandsüberweisung zur Verfügung zu stellen. Auch hierbei nutzt der Täter wieder eine Legende, weshalb die Auslandsüberweisung nicht selber getätigt werden kann. Den Wunsch nach einer Einladung nach Deutschland erbetteln Scam-Frauen sowie auch Scam-Männer.

Scam-Frauen locken ihre Opfer bevorzugt mit Fotos, auf denen sie oft leicht bekleidet zu sehen sind, während Scam-Männer häufig Fotos von uniformierten Männern nutzen. Ob Geschäftsreise oder familiäre Probleme, es gibt vielfältige Gründe für eine Verbindung nach Nigeria, Ghana und so weiter. Scam-Frauen hingegen leben oft in osteuropäischen, südostasiatischen und südamerikanischen Ländern.

Organisierte Banden aus Nigeria und Ghana

Die mit Abstand am meisten verbreiteten Formen des Romance-Scamming wird von organisierten Banden mit Standorten Nigeria und Ghana betrieben. Dahinter steckt oftmals die sogenannte Nigeria Connection.

Die Polizei rät: Wer in Sorge ist, Opfer eine Love-Scammers zu sein, kann den Namen der Internetbekanntschaft mit dem Zusatz „Scammer“ im Internet zum Beispiel bei Google eingeben. Die Suchmaschine kann laut Polizei in vielen Fällen einen Verdacht bestätigen. Falls es ein Foto des möglichen Betrügers gibt, können diese mithilfe der umgekehrten Bildersuche von Google zu weiteren Informationen führen.

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