Aurich/Moordorf

ON-Weihnachtsaktion: Drei Wege ins Ehrenamt

Jan-Michael Heimann
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Von Jan-Michael Heimann
| 18.12.2020 17:22 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Christoph Meyer, Karl Neeland und Herbert Goldenstein arbeiten in der Tafel-Ausgabe in Moordorf. Alle drei sind völlig unterschiedlich zu ihren ehrenamtlichen Jobs gekommen. Wie genau das ablief, haben sie erzählt.

Aurich/Moordorf. Eine Sache haben Christoph Meyer, Karl Neeland und Herbert Goldenstein gemeinsam: Sie sind ehrenamtliche Mitarbeiter der Tafel-Ausgabestelle in Moordorf. Die Wege, wie sie zu ihrem Ehrenamt gekommen sind, könnten allerdings unterschiedlicher kaum sein.

Am längsten dabei ist Christoph Meyer. Der 65-Jährige ist Gründungsmitglied der Tafel in Aurich. Als die Tafel 2007 unter dem Dach des Diakonisches Werkes in Aurich den Betrieb aufnahm, war er bereits dabei. In den Ostfriesischen Nachrichten habe er gelesen, dass etwas gegründet wird. Dann sei er in Kontakt zu Tafel-Gründer Harald Diemel getreten. Etwa zwei Jahre später übernahm der pensionierte Bundeswehrsoldat die Leitung der Tafel in Moordorf. Es war die erste externe Ausgabestelle der Auricher Tafel. In den Vorjahren seien etwa 30 Prozent der Warenempfänger aus dem Südbrookmerland nach Aurich gekommen. Für Diemel und Meyer war seinerzeit klar, dass es eine Ausgabestelle in Moordorf geben sollte. „Wir dachten, dass dann wahrscheinlich noch mehr Bedürftige zu uns kommen“, sagt Meyer im Gespräch mit den ON. Und so kam es. Aktuell bekommen in Südbrookmerland laut Meyer etwa 70 Familien Waren von der Tafel. Das sind 225 Menschen.

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Vom Warenempfänger zum Mitarbeiter

Einer von ihnen: Karl Neeland. Der 69-Jährige ist Warenempfänger und seit fünf Jahren ehrenamtlicher Mitarbeiter. Damit wolle er etwas zurückgeben, sagt er. Christoph Meyer sprach ihn im Jahr 2015 an. „Ich dachte, er ist ein guter Mann. Er kann uns helfen“, sagt Meyer. Für Neeland keine Frage, er stieg mit ein. Mittlerweile ist er den Bedürftigen nicht nur bei der Warenausgabe behilflich, sondern auch, wenn es Zuhause mal hakt. „Einmal rief eine Frau an. Sie war krank und ihre Heizung war kaputt. Da bin ich dann hingefahren und habe sie repariert“, erinnert sich Neeland. Oder aber er hilft den Warenempfängern, wenn sie Probleme bei Post von Behörden haben. So wie ihm geholfen wurde, will er jetzt auch helfen. Er schätzt die Dankbarkeit, wie seine beiden Kollegen Meyer und Goldenstein auch. Und er mag es, ins Gespräch zu kommen. Die Bedürftigen, die teilweise allein Zuhause sitzen, kommen zu den Ausgabeterminen und sprechen sich aus. „Sie erzählen, wenn jemand im Sterben liegt oder wenn sie private Probleme haben“, sagt Neeland. Diese Gespräche, die Gemeinschaft, die schätzt er. Das Helfen ist für ihn selbstverständlich. Auf dem Land kenne jeder jeden. Da packe man mit an.

Herbert Goldenstein ist ebenfalls seit etwa fünf Jahren dabei. Christoph Meyer fing ihn sozusagen auf dem Fahrrad ein. „Ich bin hier öfter lang gefahren. Und irgendwann hat Christoph mich gefragt, ob ich nicht helfen möchte“, erzählt Goldenstein. Er habe Meyer noch aus der Schule gekannt und deshalb sofort zugesagt, so der 66-Jährige. Für ihn sei die Arbeit ein Ausgleich. Das Prinzip der Tafel in Moordorf findet er gut und vergleicht es mit einem Tante-Emma-Laden. In Coronazeiten dürfe ein Kunde nur allein in die Räume an der Georgsfelder Straße kommen. Das Tafel-Team hat dafür extra separate Ein- und Ausgänge geschaffen. Das heißt für die Warenempfänger, dass sie etwas warten müssen. Das sei für sie aber in Ordnung, sagt Goldenstein. Und weil er und seine Kollegen darauf achten, dass alles gerecht verteilt wird, bleibt für jeden etwas übrig.

Waren nur aus Südbrookmerland

In Südbrookmerland werden die Waren nur aus Moordorf abgeholt. Und die Beteiligung der Supermärkte und Discounter ist makellos: „Alle machen mit. Das freut uns“, sagt Meyer. Man merkt ihm an, dass ihm seine ehrenamtliche Arbeit Spaß bringt. Eine Frau zaubert ihm immer wieder ein Lächeln ins Gesicht: „Sie sagt, dass sie ihren Besuch immer nur dienstags empfängt. Dann hat sie nämlich Kuchen da“, erzählt Meyer. Die Frau kommt dienstags zur Ausgabestelle. Von der Bäckerei bekommt die Tafel häufig Kuchen, den sie dann an die Empfänger weitergeben kann. Meyer weiß, wie wichtig die Tafel für die Menschen ist und wie prekär deren Situation teilweise ist. „Es gibt Altersarmut, zum Beispiel. Wenn ein Rentner dann eine Rechnung vom Stromanbieter bekommt, dann hat er manchmal Tränen in den Augen, weil er es nicht bezahlen kann. Deshalb ist es gut, dass es uns gibt und wir helfen können“, sagt er.

Dann hatten Goldenstein, Meyer und Neeland auch genug erzählt. Sie mussten in die Ausgabe. Denn vor der Tür warteten schon die ersten bedürftigen Menschen auf die Waren. Und am Freitag sah es wieder gut aus: Viel Obst, Gemüse und Käse wartete auf den Tischen auf die Abholung.

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