München (dpa)

Löws kniffliges Kader-Puzzle

Klaus Bergmann und Jens Mende, dpa
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Von Klaus Bergmann und Jens Mende, dpa
| 30.09.2020 13:29 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Leroy Sané verletzt. Toni Kroos verletzt. Ilkay Gündogan positiv auf Corona getestet. Der Bundestrainer sucht nach schlechten Nachrichten für drei Länderspiele binnen sieben Tagen die passende Kader-Formel. Aus München mahnt Flick alle Parteien zu „bestmöglichen“ Lösungen.

Von entspannten Fußballabenden im Fernsehsessel kann bei Joachim Löw in diesen Tagen keine Rede sein. Der Bundestrainer schreckt garantiert jedes Mal auf, wenn ein Nationalspieler nach einem Zweikampf mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Rasen liegen bleibt.

Vor der Bekanntgabe seines Mammutkaders für den als „grenzwertig“ bezeichneten Länderspiel-Dreiakter Anfang Oktober in Köln gegen die Türkei, in der Ukraine und wieder in Köln gegen die Schweiz wollte der 60-jährige Löw darum auch lieber noch das Supercup-Finale zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund abwarten. Das Aufgebot gibt's erst am Freitag.

Den DFB-Chefcoach erreichten aber schon vor dem Bayern-BVB-Gipfel unerfreuliche Nachrichten. Die letzte kam von seinem einstigen Assistenten Hansi Flick. Leroy Sané fällt beim FC Bayern mit einer Kapselverletzung am rechten Knie, an dem der Flügelstürmer erst vor einem Jahr einen Kreuzbandriss erlitten hatte, mindestens zwei Wochen aus, wie der Münchner Trainer berichtete.

Auch hinter Toni Kroos steht ein Fragezeichen für den DFB-Dienst. Der 30-Jährige pausiert bei Real Madrid wegen einer Muskelblessur am Gesäß. „Das kommt jetzt auf die Entwicklung an, wie es von Tag zu Tag besser wird“, sagte Kroos. Zudem befindet sich Mittelfeldspieler Ilkay Gündogan nach einem positiven Corona-Test noch in Quarantäne.

Löw ist also wieder zum Improvisieren gezwungen. Beim mäßig gelungenen Neustart der Nationalmannschaft gegen Spanien (1:1) und die Schweiz (1:1) hatte er zuletzt freiwillig auf die Bayern-Stars Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Serge Gnabry und Leon Goretzka sowie die Leipziger Lukas Klostermann und Marcel Halstenberg verzichtet. Das Sextett sollte sich von den Champions-League-Strapazen erholen.

Sie kehren nun zurück, dazu vielleicht auch BVB-Star Marco Reus. Löws eigentlicher sportlicher Plan lautete so: „Ich möchte sehen, dass die Mannschaft im Oktober, November gewisse Schritte geht.“ Notgedrungen muss das nun ohne Sané geschehen - vielleicht auch ohne Kroos und Gündogan. Der Bundestrainer sucht die passende Kader-Formel: „Zwangsläufig muss der Kader größer sein“, hatte er angekündigt. 25, 26 oder 27 Spieler könnte Löws Antwort für drei Partien in sieben Tagen lauten. „Die Spieler haben ein Hammerprogramm vor sich. Da kann ich nicht drei Spiele über 90 Minuten bestreiten.“

Löw muss ein Spagat zwischen Spielerwohl und DFB-Zwängen gelingen. Für den Verband ist in Corona-Zeiten jedes Länderspiel finanziell wertvoll. Löw denkt vor allem an die in den Sommer 2021 verschobene Europameisterschaft: „Alles sollte bei einem Verband, einer Mannschaft, einem Trainer auf die Turniere ausgerichtet sein.“

Der Bundestrainer muss Bündnisse schmieden, besonders mit seinem früheren Weggefährten Flick, der als Bayern-Coach sein wichtigster Spielerlieferant ist. „Bei den Nationalspielern muss man gemeinsam mit den Nationaltrainern schauen, dass eine ausgeglichene Belastung da ist“, mahnte Flick. Nur dann könne jeder seine Ziele erreichen: „Wir müssen das Bestmögliche für die Spieler vereinbaren.“

Flick beschrieb die Spielplan-Problematik am FC Bayern. Am 13. Oktober spielt Deutschland gegen die Schweiz. Sogar erst am Tag darauf sind Nationen wie Frankreich, Polen oder Österreich mit wichtigen Münchner Akteuren im Nations-League-Einsatz. Keine 24 Stunden später tritt der FC Bayern am 15. Oktober im DFB-Pokal gegen die Amateure des 1. FC Düren an. Und nur zwei Tage darauf geht es für den Rekordmeister in der Bundesliga bei Arminia Bielefeld weiter. „Ich habe die Termine nicht gemacht. Aber man muss sich fragen, ob das Sinn macht“, stöhnte Flick vor dem Supercup gegen Dortmund.

Die nächsten Spieler der DFB-Elf:

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