Präsidentenwahl Rechtsradikaler stellt vor Stichwahl in Polen Bedingungen


Slawomir Mentzen scheidet zwar als Drittplatzierter aus dem Rennen um Polens Präsidentschaft aus. Doch er spielt Zünglein an der Waage – und erhöht mächtig den Druck auf die verbleibenden Kandidaten.
Der nach der ersten Runde ausgeschiedene rechtsextreme polnische Präsidentschaftskandidat Slawomir Mentzen hat seine Wahlempfehlung für die Stichwahl an Bedingungen geknüpft. Er werde sowohl den liberalen Kandidaten Rafal Trzaskowski aus dem Regierungslager von Donald Tusk als auch Karol Nawrocki von der oppositionellen PiS zu einer Debatte auf seinem YouTube-Kanal einladen, sagte Mentzen in Warschau.
Während der Debatte werde er beiden Kandidaten einen Acht-Punkte-Plan zur Unterschrift vorlegen, sagte der 38-jährige Unternehmer weiter. Unter anderem sollen sich die Kandidaten damit verpflichten, im Falle einer Wahl zum Präsidenten keine Steuererhöhungen zu genehmigen, den Euro als Währung nicht einzuführen und keine polnischen Soldaten in die Ukraine zu entsenden. Auch sollen sie ihre Zustimmung zu Gesetzen verweigern, die Kompetenzen von polnischen Regierungsstellen an EU-Organe verlagern.
Der PiS-Kandidat Nawrocki kündigte auf X an, er werde an dem Gespräch auf YouTube teilnehmen und sei auch bereit, Mentzens Erklärung zu unterschreiben. Trzaskowski sagte lediglich, er stimme mit einigen der Punkte überein.
Mentzens Wähler „keine Kartoffelsäcke“
„Wer zu der Debatte nicht kommt, soll sich bitte bei mir nicht beschweren, wenn er die Stichwahl verliert“, sagte Mentzen. Seine Wähler seien keine Kartoffelsäcke, die man einfach so hin- und hertragen könne.
Am Sonntag hatte der erste Wahlgang im Rennen um die polnische Präsidentschaft hatte ein denkbar knappes Ergebnis: Der liberale Trzaskowski (31,36 Prozent) siegte mit knappem Vorsprung vor dem nationalkonservativen Nawrocki (29,54 Prozent). Mentzen landete mit 14,81 Prozent auf Platz drei. Damit scheidet er für die Stichwahl aus. Seine Unterstützung könnte aber wahlentscheidend werden.
Tusk braucht Reformen dringend liberalen Sieg
Der seit Ende 2023 mit einem Mitte-Links-Bündnis regierende Tusk braucht dringend den Sieg seines Kandidaten Trzaskowski, wenn er seine Reformen durchsetzen will. Der bisherige Amtsinhaber Andrzej Duda stammt aus den Reihen der oppositionellen PiS und hat viele Gesetzesprojekte mit seinem Vetorecht blockiert.
Die nationalkonservative PiS von Jaroslaw Kaczynski, die Polen von 2015 bis 2023 regierte und wegen ihrer Justizreformen im Dauerstreit mit Brüssel lag, sieht hingegen in einem Sieg ihres Kandidaten Nawrocki die Chance auf eine Rückkehr an die Macht. Denn wenn sich Tusk am neuen Präsidenten Nawrocki die Zähne ausbeißt, so das Kalkül, könnte seine ohnehin fragile Dreier-Koalition bald zerbrechen. Neuwahlen wären die Folge.
Rechtsradikaler als Zünglein an der Waage
In diesem Gerangel der beiden großen politischen Kräfte, die Polen seit 20 Jahren dominieren, könnte nun Mentzen das Zünglein an der Waage spielen. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler, der die Haare im Undercut über den Ohren rasiert trägt, punktet vor allem bei jungen Leuten. In der ersten Runde stimmten fast 39 Prozent der Wähler unter 29 Jahren für ihn.
Mentzen spricht viel über seine libertären Ideen: Niedrigere Steuern und Sozialabgaben, Umstellung des staatlichen Gesundheitswesens auf private Versicherungen, keinen weiteren Ausbau des Sozialstaates. Er will „unnötige“ staatliche Einrichtungen und Behörden abschaffen. Dies ist eigentlich nicht im Einklang mit den Ideen der PiS, die für mehr soziale Umverteilung steht.
Mentzen für Abtreibungsverbot und gegen Flüchtlinge
Doch Mentzen und seine Konfederacja stehen auch für nationalistisches, erzkonservatives und antieuropäisches Gedankengut. So befürwortet Mentzen ein absolutes Abtreibungsverbot – selbst wenn die Schwangerschaft Ergebnis einer Vergewaltigung ist. Er hetzt gegen ukrainische Kriegsflüchtlinge und beschuldigt Deutschland, massenweise muslimische Migranten nach Polen zurückzuschieben. Dies platziert ihn in der Nähe zur PiS.
Rafal Trzaskowski dagegen ist für die Stichwahl auf den Rückhalt des in mehrere kleine Parteien zersplitterten Mitte-Links-Spektrums angewiesen. Der Kandidat des christlich-konservativen Dritten Wegs, Szymon Holownia, sprach ihm schon am Wahlabend die Unterstützung aus. Auch die Kandidatin des Linksbündnisses Lewica, Magdalena Biejat, will Trzaskowski unterstützen. Voraussichtlich wird auch der Linke Adrian Zandberg eine entsprechende Empfehlung geben. Alle drei Politiker erhielten allerdings im ersten Wahlgang zusammengenommen 14,18 Prozent – weniger als der Rechtsextreme Mentzen allein.