Washington (dpa)
Top-US-Republikaner: Berlin soll Nord Stream 2 aufgeben
In den USA reißt der Widerstand gegen die deutsch-russische Pipeline Nord Stream 2 nicht ab. Die Republikaner wollen „eine deutliche Warnung“ an Kremlchef Wladimir Putin senden.
Der Fraktionschef der Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell, hat die neue Bundesregierung zur Aufgabe der umstrittenen deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 aufgerufen.
„Die deutsche Regierung hätte dieses Projekt schon lange auf Eis legen sollen“, sagte McConnell im Senat. „Berlin kann immer noch die richtige Entscheidung treffen.“ McConnell rief die Demokraten von US-Präsident Joe Biden dazu auf, das von dem republikanischen Senator Ted Cruz eingebrachte Gesetzesvorhaben für schärfere Sanktionen wegen Nord Stream 2 zu unterstützen. Die Biden-Regierung lehnt eine solche Verschärfung ab.
McConnell sagte auch vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise, bei den Sanktionen gehe es nicht darum, einen Keil zwischen europäische Länder zu treiben. „Die Pipeline selber ist der Keil.“ Ziel des russischen Präsidenten Wladimir Putin sei es, die Ukraine von Europa abzukoppeln und Europa noch abhängiger von russischem Gas zu machen. „Wir können eine deutliche Warnung an Putin senden, dass es ihm nicht erlaubt ist, Energie als Waffe einzusetzen.“ Nord Stream 2 soll unter Umgehung der Ukraine Gas von Russland durch die Ostsee nach Deutschland bringen. Der 1230 Kilometer lange Doppelstrang ist fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb.
Die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen - eine erklärte Gegnerin von Nord Stream 2 - rief dazu auf, den Vorstoß zur Verschärfung der Sanktionen von Cruz nicht zu unterstützen. Sie sagte: „Es würde einen Keil zwischen uns und unsere Verbündeten treiben, insbesondere zwischen die Vereinigten Staaten und Deutschland, zu einem Zeitpunkt, zu dem wir uns das nicht leisten können.“ Ihr Parteikollege Chris Murphy sagte, ein verschärftes Sanktionsgesetz „wäre ein Geschenk an Wladimir Putin, weil es ein Signal der Spaltung zu einem Zeitpunkt wäre, an dem wir zusammenstehen müssen“.
Das von Senator Cruz lancierte Vorhaben hat unter anderem zum Ziel, US-Präsident Biden die Möglichkeit zu nehmen, bei US-Sanktionen wegen Nord Stream 2 aus Gründen der nationalen Sicherheit eigenmächtig Ausnahmen zu verfügen. Biden hatte im Mai Ausnahmegenehmigungen erlassen, mit denen die Nord Stream 2 AG mit Sitz in der Schweiz und ihr deutscher Geschäftsführer von US-Sanktionen verschont blieben. Dieser von den Republikanern scharf kritisierte Verzicht erfolgte ausdrücklich auch aus Rücksicht auf den Verbündeten Deutschland.
Der Senat wollte noch über den Cruz-Vorschlag abstimmen. Es galt als unwahrscheinlich, dass die erforderliche Mehrheit von 60 der 100 Stimmen zusammenkommt - dafür müssten zehn Demokraten mit den Republikanern stimmen. Selbst dann würden ohne Zustimmung des Repräsentantenhauses allerdings keine unmittelbaren Konsequenzen drohen. Die Demokraten haben sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus jeweils eine knappe Mehrheit.
Vor der Abstimmung über Cruz' Entwurf legte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Senat, der Demokrat Bob Menendez, einen Gesetzesentwurf vor, der unter anderem Sanktionen gegen Russland im Fall einer weiteren Eskalation in der Ukraine-Krise vorsieht. Darin heißt es, „die Vereinigten Staaten sollten alle verfügbaren und angemessenen Maßnahmen in Betracht ziehen, um die Inbetriebnahme der Nord-Stream-2-Pipeline zu verhindern“. Shaheen rief zur Unterstützung von diesem Gesetzesentwurf auf.
Kritiker sehen in der Pipeline vor allem ein geopolitisches Projekt Russlands. Auch unter den Demokraten gibt es erheblichen Widerstand gegen die Pipeline. Biden lehnt das Projekt ebenfalls ab. Er hat aber deutlich gemacht, dass ihm gute Beziehungen zu Deutschland wichtiger sind als Strafmaßnahmen gegen das Projekt, das bei seinem Amtsantritt vor rund einem Jahr bereits weitgehend fertiggestellt war. Um den Streit mit Washington über die Pipeline zu entschärfen, hatte Deutschland im Juli in einer gemeinsamen Erklärung mit den USA eine stärkere Unterstützung der Ukraine zugesagt.
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