Meinung
Test-Befreiung durch Booster-Impfung: Unfair und undurchdacht


Die Testzentren im Kreis Aurich sind überlastet, 2G-plus wird zur Farce. Durch die Test-Befreiung für dreifach Geimpfte will das Land gegensteuern - und schafft eine widersinnige Vorschrift.
Wer in Aurich und Umgebung einen Schnelltest braucht – für 3G oder 2G-plus –, hat es nicht leicht. Die Zahl der Angebote ist begrenzt, das Warten zu Stoßzeiten lang. Wer Pech hat, muss eine kleine Odyssee hinnehmen. Es ist eine Frechheit: Die Politik stellt Spielregeln auf, fühlt sich dann aber für deren praktische Umsetzung kaum zuständig. Bund, Länder und Landkreis stehlen sich aus der Verantwortung. Private Betreiber müssen in die Bresche springen. Wie viele es sind, wann sie loslegen und welche Öffnungszeiten sie haben, wird ihrem Gutdünken unterworfen. Viele Unternehmer haben ohnehin keine Lust, ins Ungewisse zu planen: Corona-Vorschriften haben in der deutschen Politik eine geringe Halbwertzeit. 2G-plus, die Testpflicht für Geimpfte und Genesene, wird somit zur Farce.
Die neue Regel schafft kaum Entlastung
Das hat offensichtlich auch die Landesregierung bemerkt. Damit der Kahn nicht auf Grund läuft, wird nun gegengesteuert – und Kurs auf ein Riff genommen. Gemeint ist der schon ab Sonnabend gültige Wegfall der 2G-plus-Testpflicht für Menschen mit einer Auffrischungsimpfung, Booster genannt. Die am Freitag verkündete Änderung soll die Testzentren entlasten. Fraglich ist, ob der Effekt so groß ist. Denn geboostert sind im Kreis Aurich nur 15.400 Menschen. Die meisten von ihnen sind hoch betagt, da mit den Auffrischungsimpfungen sinnvollerweise bei Senioren begonnen wurde. Das sind eben nicht jene Menschen, die 2G-plus-Nachweise fürs Berufsleben oder Freizeitaktivitäten wie den Auricher Weihnachtsmarkt brauchen.
Einige genießen Privileg, auf das andere sinnvollerweise noch warten
Mittlerweile haben aber auch einige Jüngere die Drittimpfung erhalten. Sie genießen Privilegien, auf die andere ohne eigenes Verschulden zum Teil noch Monate warten müssen. Denn immer noch gilt die Empfehlung für alle Erwachsenen: Booster sollten erst fünf bis sechs Monate nach der Zweitimpfung verabreicht werden. Die neue Regel schafft den falschen Anreiz, schnell mal eben zu boostern und die medizinisch sinnvolle Wartezeit zu ignorieren.
Als Krönung des Widersinns gilt die Test-Befreiung dann auch noch ab dem Tag der Impfung, wenn noch gar keine Antikörper gebildet worden sein können. Die neue Regel ist unwissenschaftlich, undurchdacht und unfair.Test-Befreiung durch Booster-Impfung: Unfair und undurchdacht