Aurich

Knappes Material: Bauherren müssen Geduld haben

Marion Bubolz
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Von Marion Bubolz
| 02.11.2021 12:04 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Spitzenreiter bei der Geschäftslage bleiben Bau- und Ausbauhandwerke. Kunden müssen Wartezeiten von bis zu 19 Wochen für die Auftragserfüllung in Kauf nehmen. Foto: amh-online.de
Spitzenreiter bei der Geschäftslage bleiben Bau- und Ausbauhandwerke. Kunden müssen Wartezeiten von bis zu 19 Wochen für die Auftragserfüllung in Kauf nehmen. Foto: amh-online.de
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Obwohl sich die Wirtschaftslage im ostfriesischen Handwerk erholt, gibt es Probleme. Denn das Material ist knapp und die Preise für Rohstoffe sind hoch – das ist aber nicht das einzige Problem.

Aurich - Die Wirtschaftslage im ostfriesischen Handwerk hat sich deutlich erholt. „Wir liegen zwar noch nicht auf Vorkrisenniveau, dafür schlagen die Materialengpässe noch zu sehr ins Kontor“, teilt Hauptgeschäftsführer Jörg Frerichs anlässlich der aktuellen Auswertungen der Herbst-Konjunkturumfrage der Handwerkskammer für Ostfriesland mit. Optimistisch ist er dennoch, denn die Stimmung hellt sich vielerorts merklich auf. Demnach ist der Geschäftsklima-Index im Gesamthandwerk auf 124 Punkte im Vergleich zum Vorjahr mit 118 Punkten angestiegen. Im Herbst 2019 waren es noch 133 Punkte.

Neun von zehn Handwerksbetrieben meldeten bei der Herbst-Konjunkturumfrage der Handwerkskammer für Ostfriesland eine gute beziehungsweise befriedigende Wirtschaftslage. Nach dem Frühjahrstief knacken alle Handwerksgruppen wieder die 100-Punkte-Marke auf der Geschäftsklima-Index-Skala. Dabei blicken die Betriebsinhaber laut einer Pressemitteilung zwar optimistisch in die Zukunft – dennoch sind die Erwartungen von Vorsicht geprägt. 21 Prozent der Befragten rechnen mit einer besseren Lage für das nächste Quartal. Die Mehrzahl mit 61 Prozent erwartet eine gleichbleibende Konjunktur.

Handwerk rechnet mit weiteren Preissteigerungen

„Trotz der positiven Indizes spüren die Handwerker die pandemiebedingten Nachwehen des Lockdowns“, so Frerichs. Viele berichteten von Problemen bei der Beschaffung von Rohstoffen und Verbrauchsmaterialien. Es fehle an Kunststoffen, Holz, Stahl und vielem mehr. „Die Preise steigen drastisch, Aufträge mussten verschoben oder ganz gestrichen werden“, ergänzte der Hauptgeschäftsführer. Höhere Einkaufspreise verbuchten per saldo 87 Prozent der Betriebe. 53 Prozent hätten dies in gestiegene Verkaufspreise an die Kunden weitergegeben. „Und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Es wird mit weiteren Preissteigerungen gerechnet“, so Frerichs. Er erwarte von der Politik, dass hier gegengesteuert werde. Erschwerend komme hinzu, dass es sich für jeden Dritten nicht mehr lohne, an aktuellen Aufträgen festzuhalten.

75 Prozent der Befragten mussten demnach Vereinbarungen mit Kunden aufgrund von Lieferengpässen verschieben oder stornieren. Vor diesem Hintergrund stagnieren die Umsätze. Der Auftragsbestand hat sich den Angaben zufolge bei sieben Prozent der Betriebe erhöht. Die Baubranche berichtet als einzige von einer positiven Umsatzentwicklung. Die anderen Handwerksgruppen – bis auf das Ausbaugewerbe – müssen Umsatzrückgänge hinnehmen. Im Durchschnitt liegt die Auftragsreichweite bei rund zehn Wochen. Kunden, die bauen wollen, müssen 19 Wochen auf die Baukolonnen warten.

Der Fachkräftemangel macht sich bemerkbar

Dabei macht sich auch der Fachkräftemangel bemerkbar. Die Hälfte aller Unternehmen haben offene Stellen gemeldet. Jeder Fünfte hat den Personalbestand aufgestockt; lediglich 15 Prozent mussten Mitarbeiter entlassen. 18 Prozent mussten ihre Beschäftigten erneut in Kurzarbeit schicken. Hiervon waren insbesondere Friseure, Kfz-Betriebe, Metallbauer und Elektrotechniker betroffen. Mit Blick auf die einzelnen Handwerksgruppen ist das Ausbaugewerbe laut Mitteilung ganz gut durch die Krise gekommen. Die Elektrotechniker, Tischler, Maler, Heizungsbauer und Co. belegen mit 129 Indizes eine Spitzenposition (Vorjahr 137), dicht gefolgt von den gewerblichen Zulieferern. Sie haben wieder kräftig um 39 auf 128 Indexpunkte (Vorjahr 89) zugelegt. „Die Branche profitiert von der verbesserten internationalen Industriekonjunktur“, teilt Frerichs mit. Den dritten Platz belegt das Bauhauptgewerbe mit 124 Punkten (Vorjahr 128). Wobei die Branche in den kommenden Monaten von einer harten Winterpause ausgeht.

Die größte Aufholjagd legt das Nahrungsmittelhandwerk mit einem Index-Wert von 122 Punkten und einem Wachstum von 51 Punkten hin (Vorjahr 71). Die Bäcker, Fleischer und Konditoren erholen sich durch die gestiegene Nachfrage nach den Catering-Services und der Wiederinbetriebnahme der Café- und Bewirtungsflächen. Jeder zweite Betrieb berichtet von einer guten Geschäftslage, bei der erhöhte Verkaufspreise durchgesetzt werden konnten.

Es gab auch viele Betriebsschließungen

Auch das Geschäft mit Gesundheitsprodukten spürt eine deutliche Belebung. Diese ist darauf zurückzuführen, dass Arztbesuche und damit Verschreibungen von gesundheitlichen Hilfsmitteln wieder häufiger stattfinden. Die Gesundheitshandwerke wie Augenoptiker, Hörgeräteakustiker oder Zahntechniker weisen einen Geschäftsklimaindex von 115 aus (Vorjahr 85). Die Geschäftslage bewerten die Betriebe als stabil. Den vorletzten Skalenplatz belegt das Kfz-Handwerk mit 115 Punkten (Vorjahr 104). „Die Werkstattauslastungen sind immer noch nicht so hoch wie vor der Krise“, erklärt Frerichs. Schlusslicht bilden die Handwerke für den persönlichen Bedarf mit 112 Punkten (Vorjahr: 93).

Jeder dritte Friseur- und Kosmetiksalon war im Vorquartal von coronabedingten Betriebsschließungen etwa aufgrund von Quarantänemaßnahmen betroffen. Dennoch blickt jeder fünfte Betrieb optimistisch in die Zukunft und erwartet eine bessere Geschäftslage.

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