Meinung
Rechtsstreit mit Videoblogger: Stadt mit schlechter Idee


Die Stadt will die Kosten übernehmen, sollte Ratsmitglied Ulrich Kötting im Streit mit dem Videoblog Aurich-TV vor Gericht unterliegen. Eine schlechte Idee.
Ratsmitglied Ulrich Kötting geht gerichtlich gegen den Auricher Videoblogger Stefan Dunkmann vor. Die Stadt will Kötting dabei auf ungewöhnliche Weise unterstützen: durch die Übernahme der sogenannten Rechtsverfolgungskosten. Die Stadt schätzt den Betrag auf bis zu 10.000 Euro, sollte Kötting unterliegen. Die Beschlussvorlage für den Verwaltungsausschuss in der kommenden Woche hat Bürgermeister Horst Feddermann unterzeichnet. In ihr wird sogar der Vorschlag gemacht, daraus eine Dauerlösung zu machen – für künftige „gleichgelagerte Fälle“. Eine schlechte Idee. Hier könnte eine höchst problematische Regelung geschaffen werden.
Keine Waffengleichheit mehr
Kötting kann juristisch tun, was er möchte. Aber er wird durch die Behauptungen im Videoblog nicht in seiner Arbeit als Ratsmitglied behindert. Der Rechtsstreit ist daher seine Privatsache. Es kann nicht sein, dass die öffentliche Hand für etwaige Kosten aufkommt. Will die Stadt etwa alle Verfahren sponsern, die Ratsmitglieder gegen Medien, Blogger oder einfache Privatleute anstrengen und verlieren? Wohl kaum. Einer Flut risikofreier Klagen gegen alle möglichen Leute, die vermeintlich oder tatsächlich unwahre Behauptungen aufstellen, würde Tür und Tor geöffnet. Man kann nicht mehr von Waffengleichheit sprechen, wenn die Stadt ihren Mandatsträgern derart großzügig die Kriegskasse öffnet – auf Kosten der Steuerzahler.
Bürgermeister hätte mehrere Gelegenheiten gehabt, sich zu äußern
In der Beschlussvorlage für Dienstag schreibt Feddermann: „Die Stadt Aurich duldet keine derartigen Angriffe auf ihre Ratsmitglieder und möchte sich hiermit schützend vor diese stellen.“ Das ist löblich. Aber ein klares Statement des Bürgermeisters wäre besser gewesen. Dazu hätte er in der Vergangenheit schon einige Gelegenheiten gehabt, als andere Ratsmitglieder zur Zielscheibe von Aurich-TV-Meinungsbeiträgen wurden – und unflätige Kommentare bei Facebook und Youtube über sich ergehen lassen mussten.
Journalismus ist das, was Aurich-TV macht, nicht. Stefan Dunkmann hält sich an keinen Pressekodex, er hat kein Berufsethos. Der Fall Kötting zeigt das einmal mehr. Aber das ändert nichts daran, dass der Vorschlag der Stadtverwaltung ein Irrweg ist.