Pegau (dpa)

Getreideernte nur unter Durchschnitt

Jan Petermann und André Jahnke, dpa
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Von Jan Petermann und André Jahnke, dpa
| 25.06.2020 14:08 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Die deutschen Landwirte sind in diesem Jahr hart gebeutelt. Kein Regen im Frühjahr, dafür Frostnächte im Mai und dann Corona. Die Prognosen zur Getreideernte geben nur geringen Anlass zur Hoffnung, auch weil die regionalen Unterschiede bei den Erträgen immens sind.

Nach dem Winter hatten die deutschen Bauern noch die Hoffnung auf ein gutes Erntejahr - dann kamen ein zu trockenes Frühjahr, Frostnächte im Mai und mit der Corona-Pandemie die Ernüchterung: Landwirte rechnen bei der Getreideernte auch 2020 mit leicht unterdurchschnittlichen Erträgen.

Die Erwartungen liegen bei 42,6 Millionen Tonnen, etwa vier Prozent unter dem Vorjahresergebnis, sagte Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, im sächsischen Pegau zum traditionellen Ernteauftakt.

Besorgniserregend sei vor allem eine „wahnsinnige Streuung der Ernteerträge in den verschiedenen Regionen in Deutschland“, betonte der Verbandspräsident. Während der Süden mit guten Erträgen rechnen könne, sei es im Osten wegen längerer Trockenheit problematischer.

Sowohl beim Winterweizen und der Wintergerste, die zusammen mit knapp 30 Millionen Tonnen den Löwenanteil der Erntemenge abbilden, werden die Erträge im Vergleich zum Vorjahr nochmals zurückgehen, betonte Rukwied. Auf den Winterweizen könnten sich in diesen Tagen noch extreme Hitzewellen mit Trockenheit negativ auswirken.

Auch für die im Herbst zu erntenden Kulturen sind die Aussichten nicht rosig. „Mais und Zuckerrüben haben einen schweren Start gehabt und benötigen in den nächsten Monaten ausreichend Wasser“, erläuterte Rukwied. Und für die tierhaltenden Betriebe wäre eine erneute Dürre im Sommer katastrophal, weil es nach zwei viel zu trockenen Jahren keine Futterreserven mehr gibt.

Sachsen gehöre zu den Bundesländern, die am heftigsten von der Dürre im Frühjahr betroffen war, sagte der Präsidenten des Sächsischen Landesbauernverbandes, Torsten Krawczyk. Bis Mitte Mai habe es keine Niederschläge gegeben, dann folgten Spätfröste und trotz des leichten Regens in den vergangenen Wochen sei der Boden sehr trocken. Er bremste die Erwartungen der Getreideernte in Sachsen deutlich, konkrete Prognosen will er am 7. Juli abgeben.

„Wir rechnen mit Erträgen von 20 Prozent unter den Durchschnittswerten“, sagte der Betriebsleiter Hans-Uwe Heilmann von der Genossenschaft Agrarprodukte Kitzen bei Leipzig. Die Landwirte in der Region hätten gleich mit einem zweifachen Klimawandel zu kämpfen. „Es kommt kein Regen vom Himmel und der Grundwasserspiegel liegt aufgrund der Braunkohletätigkeit bei 20 Metern und tiefer.“

In Niedersachsen, Agrarflächenland mit einem großen Getreidebauanteil, geht der Bauernverband von „bestenfalls durchschnittlichen Erträgen“ in diesem Jahr aus. Genaueres sei noch nicht abzuschätzen, sagte dessen Nutzpflanzen-Experte Karl-Friedrich Meyer Anfang dieser Woche. Weizen, Roggen und Gerste hätten zum Jahresbeginn noch gute Ausgangsbedingungen gehabt - inzwischen sehe man die Lage aber mit gemischten Gefühlen. Viele Bauern setzen in ihrem Anbau-Mix diesmal auf einen höheren Roggenanteil, weil diese Art relativ trockenheitsbeständig ist.

Was dies für die Endverbraucher bedeutet, lässt sich bisher nicht exakt sagen. Der Chef des zweitgrößten europäischen Agrarhändlers Agravis, Dirk Köckler, hatte zum Jahreswechsel bei den Preisen für Getreide sowie für Brot- und Backwaren keine größeren Ausschläge erwartet. 2020 werde für die Landwirte jedoch herausfordernd, hatte er schon damals angedeutet.

Die Kosten für Agrarrohstoffe fließen nur zu einem vergleichsweise geringen Anteil in die Endpreise beispielsweise für Brot ein. Sie sind allerdings auch stark von internationalen Faktoren abhängig, die oft schwer kalkulierbar sind - nicht nur von den Erntemengen selbst, sondern auch von Export- und Importstrategien oder etwa dem Handelskrieg zwischen China und den USA.

© dpa-infocom, dpa:200625-99-562440/3

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