Hamburg (dpa)

„Milliarden-Mike“ und Polizistin gestehen Bestechung

Bernhard Sprengel, dpa
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Von Bernhard Sprengel, dpa
| 17.05.2021 15:28 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Warum fällt eine Polizistin auf einen legendären Betrüger herein? Die 45-Jährige gesteht vor Gericht in Hamburg, dass sie sich in einer Notlage Hilfe von „Milliarden-Mike“ erhoffte.

In einem Prozess um Bestechung und Bestechlichkeit am Hamburger Landgericht haben eine Berliner Polizistin und ein als „Milliarden-Mike“ bekannter Betrüger Geständnisse abgelegt.

Die angeklagte frühere Beamtin räumte am Montag ein, zwischen Februar 2018 und April 2019 für den Mitangeklagten Daten im polizeilichen Auskunftssystem abgefragt und an den heute 65-Jährigen weitergegeben zu haben. Dabei ging es etwa um die Frage, ob ein Haftbefehl gegen ihn vorlag oder ob der Führerschein seiner Lebensgefährtin gültig sei. Auch Informationen zu einem prominenten Freund wollte „Milliarden-Mike“ haben. Als Gegenleistung soll er mindestens 500 Euro gezahlt haben.

Aufgrund ihrer Spielsucht sei sie nach der Geburt ihres zweiten Kindes in einer finanziellen Notlage gewesen, erklärte die 45-jährige Frau. Sie habe über Facebook rund 50 Prominente angeschrieben und um finanzielle Hilfe gebeten. Dann habe sie von dem Mitangeklagten ein Angebot bekommen. „Ich konnte es gar nicht glauben, das war so ein Glücksmoment“, sagte die Angeklagte. Auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin räumte sie ein, dass sie schon von der kriminellen Karriere ihres angeblichen Gönners wusste. Dennoch traf sie sich mit dem Mann in einem Berliner Luxushotel. Angeblich versprach er ihr dabei 100 000 Euro. „Ich habe Stolz und Würde an einem Tag verloren“, sagte die 45-Jährige unter Tränen.

Der vielfach vorbestrafte Angeklagte ist Co-Autor des vor acht Jahren erschienenen Buches „Milliarden Mike: Ich hab sie alle abgezockt“. Medien haben häufig über sein schillerndes Leben berichtet. Zu Beginn seiner Aussage im Gericht bekannte er freimütig: „Dass ich kein Engel bin, das wissen wir alle hier.“ Er bestreitet auch nicht, dass er die Mitangeklagte betrogen habe: „Ich wollte sie ein bisschen verarschen, mehr war es nicht.“

Doch dann brauchte er doch ab und zu die Daten aus dem Polizeisystem. Er bekomme jeden Tag Geldstrafen, öffne seine Post schon gar nicht mehr. Einmal sei er bei der Rückreise nach Deutschland an der Grenze festgehalten worden, weil ein Haftbefehl vorlag. Er habe die Strafe zwar sogleich bezahlt, aber: „Das war so peinlich!“ Eine solche Situation habe er künftig vermeiden wollen. Mehrfach wollte er laut Anklage von „Mäuschen“ wissen, „ob er sauber sei“. Die Beamtin schaute im Polizeisystem nach und antwortete „Miki“.

Zurzeit sitzt der 65-Jährige in Berlin eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren ab, zu der ihn das Landgericht Hamburg im November 2019 verurteilt hatte. Im Rahmen des damaligen Strafverfahrens waren die Ermittler auch auf seine Kontakte zu der Polizistin gestoßen, wie ein Gerichtssprecher erklärte. Die Beamtin ist inzwischen auf eigenen Antrag aus dem Berliner Polizeidienst entlassen worden.

Nach Angaben der Vorsitzenden Richterin Ulrike Schönfelder hat „Milliarden-Mike“ bereits 28 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht. Seine letzte Geldstrafe habe er auch noch nicht bezahlt. Doch der 65-Jährige weist das entschieden zurück und beteuert, er könne die Zahlung belegen. „Ah, cool“, findet das die Richterin.

© dpa-infocom, dpa:210517-99-632910/3

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