München (dpa)

Streit um Ski-Saison während Corona

| 25.11.2020 13:12 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Ob Politiker, Tourismusvertreter oder Naturschützer: Die Forderung von Ministerpräsident Söder, Skigebiete europaweit über Weihnachten und Neujahr geschlossen zu lassen, stößt auf viel Widerspruch - aus unterschiedlichen Gründen.

Mit seiner Forderung, wegen Corona europaweit Skigebiete zu schließen, stößt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf viel Widerspruch - vom Koalitionspartner im Freistaat, Tourismusvertretern und im Nachbarland Österreich. Auch Naturschützer warnen vor negativen Auswirkungen.

Nach dem Vorstoß von Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte, Skigebiete mindestens bis zum 10. Januar geschlossen zu halten, hatte Söder am Dienstag gesagt: „Mir wäre lieber, wir würden ein einheitliches Übereinkommen auf europäischer Ebene haben: keine Skilifte offen überall beziehungsweise kein Urlaub überall.“

Noch am Dienstagabend kam dazu Kritik vom Koalitionspartner in Bayern: „Ein übernationales Verbot des Wintersports schränkt die Erholungssuche sehr vieler Menschen unverhältnismäßig ein“, sagte der Fraktionschef der Freien Wähler, Florian Streibl. Er spreche sich klar gegen pauschale Schließungen aus - „insbesondere weil alle Bergbahnen hervorragende Hygienekonzepte erarbeitet haben, die sie konsequent umsetzen“.

Auch der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), sagte am Mittwoch, er halte ein generelles Verbot für falsch: „Sicherheit geht auch im Winter vor. Aber ich bin davon überzeugt, dass Skifahren in einem gewissen Umfang und unter klaren Kriterien wie zum Beispiel einer maximal erlaubten Anzahl von täglichen Skipässen ohne Probleme möglich ist“.

Auch das Nachbarland Österreich wehrt sich weiter gegen eine europaweite Schließung der Skigebiete. Öffnungsschritte in allen Bereichen, darunter der Sport, würden von den Staaten unterschiedlich gehandhabt, sagte Kurz am Mittwoch auf eine Frage bei einer Pressekonferenz in Wien. „Das hängt immer mit den Infektionszahlen zusammen, und zwar den Infektionszahlen bei uns in Österreich.“ Österreich setzt darauf, mit Ausgangsbeschränkungen, Geschäftsschließungen und Massentests die Corona-Zahlen im Dezember zu senken.

„Wenn jemand einen Lift verwendet, dann ist das ähnlich, wie wenn er ein öffentliches Verkehrsmittel verwendet. Anhand dieser Gesichtspunkte muss man Entscheidungen treffen“, so Kurz. Auch Tourismusministerin Elisabeth Köstinger sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Mittwoch, Winterurlaub in Österreich werde sicher sein: „Unsere Betriebe haben bereits umfassende Sicherheitskonzepte für den Skiurlaub.“

Der Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte betonte zwar am Mittwoch, man wolle vor einer Stellungnahme die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz abwarten. „Aber dieser Wunsch gefällt uns natürlich nicht“, sagte eine Sprecherin. „Unser Hygienekonzept hat sich im Sommer bewährt, die Voraussetzungen sind an sich gut und wir stehen jetzt in den Startlöchern.“

Tourismusvertreter aus bayerischen Wintersport-Regionen betonten, die Weihnachtsferien gehörten trotz Schneemangels in den vergangenen Jahren zu den wichtigsten Zeiten der Saison. „Für den Tourismus hätte eine Schließung fatale Folgen“, sagte der Tourismusdirektor der Gemeinde Bad Hindelang im Allgäu, Maximilian Hillmeier. „Wintertourismus ohne Bergbahnen funktioniert nicht.“

Der Wintersport sei fürs Allgäu „elementar“, betonte auch ein Sprecher der Bergbahnen in Oberstdorf und Kleinwalsertal. Bei einer Schließung über die Weihnachtsfeiertag drohten Umsatzeinbußen von bis zu 20 Prozent. Eine Schließung treffe noch einmal genau die Betriebe, die ohnehin schon unter dem „Lockdown light“ litten, sagte Susanne Wagner, Tourismusreferentin des Landkreises Regen im Bayerischen Wald. „Für uns ist das in der Region ein enormer Wirtschaftsfaktor, eine Schließung wäre ein großer Schlag.“

Auch für die Umwelt werde eine kürzere Skisaison vermutlich keinen positiven Effekt haben, sagte Thomas Frey, Regionalreferent fürs Allgäu beim Bund für Umwelt und Naturschutz. „Ich habe eher die Befürchtung, dass dann Individualsportler querfeldein durch die Berge marschieren.“ Dadurch würden bedrohte Arten wie Auer- und Schneehuhn in ihren letzten Rückzugsbereichen gestört.

© dpa-infocom, dpa:201125-99-458249/5

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