Frankfurt (dpa)

Getrübte Vorfreude: Saisoneröffnung in München ohne Fans

Andreas Schirmer, Klaus Bergmann und Thomas Eßer, dpa
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Von Andreas Schirmer, Klaus Bergmann und Thomas Eßer, dpa
| 17.09.2020 13:59 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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So schnell kann es gehen. Erst bekommt der FC Bayern die Genehmigung für 7500 Zuschauer beim Eröffnungsspiel gegen Schalke 04, dann macht die Stadt einen Rückzieher wegen steigender Corona-Infektionen. Die Bundesbürger sind bei der Fan-Rückkehr ohnehin uneinig.

Die Vorfreude auf die neue Saison ist so groß wie die Furcht vor einer zusätzlichen Verbreitung des Coronavirus durch tausende von Fußballfans in den Stadien.

Nur einen Tag vor dem Anstoß zur 58. Spielzeit der Fußball-Bundesliga hat die Stadt München den FC Bayern zurückgepfiffen und eine Kehrtwende vollzogen. Wegen der gestiegenen Infektionszahlen in München dürfen beim Eröffnungsspiel gegen den FC Schalke 04 am Freitag nun doch keine Zuschauer dabei sein. Genehmigt worden waren am Vorabend von der Stadt 7500 Zuschauer.

„Das ist bitter für die Fans und Vereine, ich weiß, aber die Krise ist noch nicht vorbei, das muss allen bewusst sein“, sagte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nach Beratungen mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

Mit Verständnis reagierte Bayern-Trainer Hansi Flick auf die Entscheidung. „Es ist so: Wir haben gelernt, uns auf Situationen immer wieder neu einzustellen. Das müssen wir jetzt wieder machen“, sagte er. „Das wird uns noch länger begleiten.“ Die Politik hatte erst am Dienstag einen bundesweiten Probebetrieb von 20 Prozent der Arenen-Kapazitäten für Zuschauer von Sport-Events genehmigt.

„Ich bin traurig, dass es nun doch nicht möglich ist, den Bundesliga-Auftakt am Freitag vor Zuschauern auszutragen. Nach der Vereinbarung vom Mittwochabend hatten wir uns sehr darauf gefreut“, erklärte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge.

Unentschieden sind die Bundesbürger, ob die Tore für Publikum überhaupt geöffnet werden sollten. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov lehnen 42 Prozent der Befragten die von den Ländern beschlossene Testphase für Fußball-Arenen und Sporthallen ab, während 41 Prozent sie befürworten. 17 Prozent machten keine Angabe.

Auch bei den Fans gibt es weiter unterschiedliche Ansichten zur Teil-Öffnung der Stadien. „Für die Gruppen und Fanclubs der „Südtribüne Dortmund“ ist klar, dass wir erst in organisierter Form ins Stadion zurückkehren werden, wenn wir in gewohnter Art und Weise mit allen gemeinsam singen, jubeln und den Gegner bepöbeln können“, heißt es beispielsweise von einem großen Bündnis Dortmunder Fans. Auch die Mönchengladbacher Ultra-Gruppe „Sottocultura“ hatte bereits vor der bundeseinheitlichen Regelung erklärt: Sie werde die Spiele nicht besuchen, „ehe der Zustand von vor Corona auf den Rängen wiederhergestellt“ sei.

Wie groß die Ansteckungsgefahr in Stadien tatsächlich ist und wie man Corona-Infektionen vermeiden kann, soll eine von DFL und DFB finanziell unterstützte wissenschaftliche Studien ergründen. Dies teilten die Deutsche Fußball Liga und der Deutsche Fußball-Bund mit. „Es gibt kaum Wissen darüber, aber viele Meinungen und Spekulationen“, erklärte Tim Meyer, Leiter der Task Force Sportmedizin und Sonderspielbetrieb der beiden Verbände.

„Ziel ist es, valide Erkenntnisse zu gewinnen, die bei der Planung und Ausrichtung von künftigen Veranstaltungen helfen“, hieß es in einer Mitteilung. Die Resultate dieser Studie sollen Erkenntnisse darüber bringen, wie ein Schutzkonzept für ein Veranstaltungsort funktioniert.

Kritik übte der Nürnberger Pharmakologe Fritz Sörgel daran, dass der „reichste Sportverband der Welt“ (DFL) nicht viel früher für diese Themen „eine wissenschaftliche Grundlage“ geschaffen habe, sagte er den Internetportalen „Spox“ und „Goal“. Sörgel: „Sechs- oder siebenmal wird bis Ende Oktober eine sechsstellige Zahl an Fans in die Stadien gehen. Das Risiko ist rein statistisch ganz klar da, dass etwas passiert.“

Unterdessen bemühen sich die Bundesligaclubs, bis zu den Partien des 1. Spieltags und darüber hinaus die Voraussetzungen für den Einlass von Fans zu schaffen - auch mit Augenmaß. Der VfB Stuttgart wird bei seinem Comeback in Liga eins 8000 Zuschauer zulassen, obwohl die Stadt für das Spiel gegen den SC Freiburg am Samstag 12 000 Besucher genehmigt hat. Erst gegen Bayer Leverkusen am 3. Oktober soll aufgestockt werden.

Auch Eintracht Frankfurt will im Heimspiel am Samstag gegen Arminia Bielefeld nicht mehr als die ursprünglich vorgesehenen 6500 Fans ins Stadion lassen, obwohl laut Beschluss der Länderchefs 10.300 rein dürften. Dies sei so mit dem Gesundheitsamt vereinbart, sagte ein Sprecher des Clubs.

Längst nicht alle Erstligisten wissen schon, ob und wie viele Fans im beim ersten Heimspiel dabei sein dürfen. Der FC Augsburg erwartet, dass in einer Woche gegen Borussia Dortmund zwischen 5000 und 6000 Fans den Zutritt bekommen können. Die endgültige Entscheidung über die Zuschauerzahl bei der Partie am 26. September muss das örtliche Gesundheitsamt noch treffen.

© dpa-infocom, dpa:200917-99-601196/7

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