Frankfurt/Main (dpa)

Commerzbank erwartet 2020 Verlust

| 05.08.2020 10:13 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Artikel hören:
Artikel teilen:

Die Corona-Krise hinterlässt Spuren bei der Commerzbank. Sie muss sich auf höhere Kreditausfälle einstellen und auch die Insolvenz von Wirecard belastet. Im Tagesgeschäft lief es dagegen gar nicht so schlecht.

Die Commerzbank rechnet wegen der Corona-Pandemie und der Kosten für den Konzernumbau mit einem Verlust in diesem Jahr.

Grund ist zum einen eine erhöhte Prognose für die Risikovorsorge und zum anderen der stärkere coronabedingte Druck auf die Erträge im Firmenkundengeschäft, wie die Bank am Mittwoch mitteilte. Zuletzt hatte die Frankfurter Bank wie in den Vorjahren einen Gewinn angepeilt, dieses Ziel aber angesichts des Umfelds und der Kosten für die Neuausrichtung als „sehr ambitioniert“ eingestuft.

Besser als erwartet lief das Tagesgeschäft im zweiten Quartal. Der operative Gewinn sank zwar um rund ein Drittel auf 205 Millionen Euro. Hier hatten Analysten aber mit einer Halbierung auf rund 150 Millionen Euro gerechnet. Die Commerzbank-Aktie legte am Mittwoch zunächst zu und baute damit die Gewinne nach den überraschenden Rücktrittsankündigungen von Konzernchef Martin Zielke und Ex-Chefaufseher Stefan Schmittmann von Anfang Juli aus. Der US-Finanzinvestor Cerberus hatte Zielke in den vergangenen Monaten zunehmend angegriffen, da ihm die Spar- und Renditeziele der Bank nicht ehrgeizig genug waren.

Die Risikovorsorge stieg im zweiten Quartal auf 469 (Vorjahr: 178) Millionen Euro. Die Commerzbank muss sich wegen der Corona-Krise auf höhere Kreditausfälle einstellen. Zudem wirkte sich hier „ein großer Einzelfall“ von 175 Millionen Euro aus. Dabei dürfte es sich um Kredite an Wirecard handeln. Die Commerzbank gilt als einer der größten Gläubiger des seit Juni insolventen Zahlungsdienstleisters.

Im laufenden Jahr rechnet die Commerzbank jetzt mit einer Risikovorsorge von 1,3 Milliarden Euro bis 1,5 Milliarden Euro. Bislang hatte das Geldhaus einen Wert zwischen einer Milliarde Euro und 1,4 Milliarden Euro auf dem Zettel. Ein Teil der Anhebung dürfte auf den Wirecard-Effekt zurückgehen. 2019 hatten mögliche Kreditausfälle das Ergebnis mit 620 Millionen Euro belastet.

Doch die Corona-Krise hat nicht nur negative Folgen. So stiegen die Erträge - die gesamten Einnahmen der Bank - vor allem wegen eines regen Wertpapierhandels von Kunden an den Aktienmärkten um sieben Prozent auf 2,28 Milliarden Euro. Unter dem Strich stand ein Gewinn von 220 Millionen Euro und damit ein Fünftel weniger als vor einem Jahr, obwohl die Bank von einem positiven Steuereffekt profitierte.

„Wir haben unsere Erträge und unsere Kapitalquote im zweiten Quartal gesteigert. Das operative Ergebnis ist allerdings durch das Risikoergebnis belastet worden. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Kosten senken, um künftige Belastungen abfedern zu können“, sagte die seit Kurzem amtierende Finanzchefin Bettina Orlopp.

Sie wollte eigentlich an diesem Mittwoch mit Vorstandschef Martin Zielke neue Sparziele vorstellen. Doch daraus wurde nichts wegen der Führungskrise, die mit den Rücktrittsankündigungen von Zielke und Ex-Chefaufseher Stefan Schmittmann im Juli entstanden war.

Am Montag war es der Bank immerhin gelungen, eine Spitzenpersonalie zu klären. Der frühere Chef der Landesbank Baden-Württemberg, Hans-Jörg Vetter, wurde gegen den Willen des US-Finanzinvestors Cerberus zum neuen Aufsichtsratschef gewählt und löste Schmittmann ab. Cerberus ist nach dem Bund zweitgrößter Commerzbank-Aktionär.

Ursprünglich wollte die Bank am Mittwoch neben verschärften Sparzielen auch eine neue Strategie vorstellen. Das aber ist in weite Ferne gerückt. Investoren und Aufsichtsräte pochen auf einen geordneten Prozess: Erst soll die Konzernspitze neu besetzt werden. Orlopp sagte bei einer Analystenkonferenz, dass es Fortschritte bei der Überprüfung der Strategie gegeben habe. Ergebnisse könnten aber erst vorgestellt werden, wenn der neue Chef an Bord sei.

© dpa-infocom, dpa:200805-99-47707/5

Ähnliche Artikel