Berlin (dpa)

Igor Levit startet Klavier-Marathon

| 29.05.2020 12:19 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Ein einziges kurzes Stück in 840 Wiederholungen live im Netz: Der Pianist Igor Levit hat sich einiges vorgenommen.

Zwanzig Stunden am Klavier: Der Pianist Igor Levit (33) will von diesem Samstag an bis etwa Sonntagmittag ununterbrochen am Flügel spielen. Mit Erik Saties Werk „Vexations“ (etwa Quälereien) wolle er auf die Notlage der Musiker angesichts der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie aufmerksam machen.

„Diese Zeit, sie ist für uns Künstler brutal - körperlich, mental, emotional. Und deswegen, glaube ich, passt dieses Werk so gut: um die Aufmerksamkeit auf den Zustand zu richten, in dem wir uns befinden“, sagte Levit der Deutschen Presse-Agentur. Das Konzert wird ab 14.00 Uhr aus einem Studio in Berlin über mehrere Kanäle gestreamt, auch über Levits Twitter- und Instagram-Accounts.

Es sei schon immer sein Wunsch gewesen, „Vexations“ zu spielen. „Es hat nur bisher nicht geklappt. Wie soll das auch gehen, ein rund 20 Stunden langes Stück?“. Satie (1866-1925) hat das Werk Ende des 19. Jahrhunderts komponiert. Es passt auf eine Notenseite und fordert 840 Wiederholungen. In seiner Monotonie und Grenzwertigkeit sei die Komposition „wie ein stummer Schrei“, sagte Levit.

„Künstler brauchen die Bühne. Die Lage jetzt ist einfach extrem zehrend, da spreche ich auch von mir selber“, sagte der Pianist. Angesichts der Einschränkungen für Kulturveranstaltungen seien die Aussichten „dunkel“ - nicht nur für Musiker, sondern etwa auch für Tänzer. „Sie haben nicht so wahnsinnig viele Jahre, um in ihrem Beruf voranzukommen. Sie verlieren gerade einen sehr wichtigen Teil ihrer Lebensarbeitszeit.“

Levit befürchtet, dass mit der Pandemie die Gesellschaft noch schärfer in Gewinner und Verlierer geteilt werde. „Wir Künstler haben deswegen jetzt die Aufgabe, nicht nur Relevanz einzufordern, sondern Relevanz zu erschaffen und nicht in Angst zu erstarren.“ Corona biete auch eine Chance für etwas Neues.

Auf die bevorstehende „körperliche und mentale Grenzerfahrung“ an diesem Wochenende bereite er sich nicht besonders vor. „Ob ich zum Beispiel Pausen machen werde, weiß ich nicht. Ich habe keine Pläne. Ich habe nie länger als zweieinhalb Stunden am Klavier gesessen, und jetzt stehen mir gleich 20 bis 21 Stunden bevor.“

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