Wolfsburg (dpa)

Viruskrise kostet Volkswagen Milliarden

| 27.03.2020 10:43 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Seitdem die Produktion ruht, schlägt die Corona-Krise voll auf die Finanzen der Autobauer durch. Wer wie VW ein Sicherheitspolster hat, kann sich glücklich schätzen. Aber wie lange reichen die Reserven?

VW-Konzernchef Herbert Diess hat vor möglicherweise noch länger anhaltenden Folgen und hohen Kosten der Corona-Pandemie für den Autobauer gewarnt.

„Wir gehen aus einer starken Position in diese Krise“, sagte er in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. „Aber unsere Verkäufe weltweit stehen. Wir machen keinen Absatz, wir machen keinen Umsatz außerhalb Chinas.“ Am Freitag richtete sich Diess mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch und Betriebsratschef Bernd Osterloh in einem Brief an die Mitarbeiter. „Wir werden die Gesundheit unserer Belegschaft wirtschaftlichen Zielen nicht unterordnen“, schrieben sie. Allen im Unternehmen müsse aber klar sein, dass „die derzeitige Ausnahmesituation eine akute wirtschaftliche Gefahr“ darstelle.

Durch den Nachfrageeinbruch nehme die Liquidität stark ab - Diess sprach von bis zu zwei Milliarden Euro pro Woche. Ende 2019 hatte der Konzern im Kerngeschäft 21,3 Milliarden Euro in der Kasse. Finanzchef Frank Witter hält staatliche Hilfe derzeit für nicht nötig. Zur Unterstützung des Gesundheitswesens stellt VW eigene Beschäftigte mit einer medizinischen Qualifikation bei Fortzahlung des Gehalts für bis zu drei Wochen frei. Auch Medizinprodukte werden gespendet.

Im normalen Betrieb sei die Lage angespannt, sagte Diess: „Wir reduzieren unsere Ausgaben. Wir verschieben Projekte, die nicht erfolgskritisch sind.“ Ob alle der rund 80 000 in Deutschland kurzarbeitenden Beschäftigten nach dem Ende der Werksschließungen wieder voll arbeiten könnten, könne er nicht garantieren: „Es wird davon abhängen: Wie schnell können wir diese Krise beherrschen?“ Im Fall einer längeren wirtschaftlichen Talfahrt werde diese „sicher negative Einflüsse auf unser Geschäft haben“.

Der VW-Chef erwartet, dass es Konzern und Mitarbeitern aber gelingt, die gravierendsten Probleme abzufedern. Dafür gelte es, jetzt die Zeit der Produktionsunterbrechungen zu nutzen: „Wir müssen uns auf den Wiederanlauf vorbereiten.“ Nötig seien etwa neue Hygienemaßnahmen und größere Abstände an den Bändern. „Ich bin zuversichtlich, dass wir es schaffen, so umzubauen, dass sich keiner anstecken wird.“ In dem Schreiben an die Belegschaft hieß es, es würden etwa Schutzmasken ausgegeben, Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt und „die Reinigungsintervalle der sanitären Anlagen intensiviert“.

Volkswagen hatte den Fertigungsstopp in Deutschland wegen der Coronavirus-Krise gerade erst um vier weitere Tage bis zum 9. April verlängert. Seit einer Woche stehen die Bänder bereits still. Die Tochter Skoda verlängert die vorübergehende Schließung ihrer Standorte in Tschechien bis 14. April.

Das mit Abstand wichtigste Vorhaben bei VW in diesem Jahr ist der Start des E-Autos ID.3, der sich schon wegen der Software-Ausstattung verzögert hatte. „An den kritischen Fahrzeugprojekten arbeiten wir natürlich weiter“, betonte Diess. Er gab sich optimistisch, dass der Wagen wie geplant im Sommer auf die Straße kommen könne.

VW-Finanzchef Witter sagte der „Börsen-Zeitung“, dass das Unternehmen aktuell keinen Bedarf an staatlichen Liquiditätshilfen sehe: „Aus heutiger Sicht schließe ich das aus.“ Beteiligungsverkäufe seien kein Thema, nicht unbedingt nötige Ausgaben würden jedoch geprüft. „Der Einzahlungsstrom hat sich im Zuge der fehlenden Fahrzeugverkäufe stark verengt, daher müssen wir auch den Auszahlungsstrom auf das begrenzen, was aktuell wirklich wichtig ist.“ In der „Braunschweiger Zeitung“ sprach Witter von einer „ernsten Krisensituation“, die momentan aber unter Kontrolle sei. Über die eigenen Mittel hinaus bestehe für VW Zugriff auf Kreditlinien von über 20 Milliarden Euro.

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